Geht doch

Kolumne vom 13.12.2018

Das Thema Klima übertrifft alle anderen an Bedeutung. Als ich vor 40 Jahren meine ersten Umweltplakate öffentlich machte, wurde ich noch ausgelacht. Heute lacht keiner mehr.

Nun haben sie wieder getagt, die Vertragsparteien der UNO-Klimarahmenkonferenz im Kohlerevier Katowice. Es ging um verbindliche Regeln, wie das vor drei Jahren in Paris Beschlossene praktisch umgesetzt werden soll. Auf welchen Wegen können die zugesagten, aber bisher ungenügend umgesetzten Klimaziele bis 2020 doch noch verwirklicht werden.
Seit Paris und Bonn haben sich die Zustände weiter verschlechtert. So hat der Weltklimarat erst im Oktober in einem Sonderbericht deutlich gemacht, dass das in Paris geforderte Ziel von 1,5° maximal zulässiger Erderwärmung „nur noch mit gewaltigen Anstrengungen zu erreichen ist“. Laut UN müssten wir die Anstrengungen verfünffachen, um dieses Ergebnis zu erreichen.
Hatte man in Paris und all den Vorläuferkonferenzen mit teilweise bis zu 10000 Teilnehmern noch allgemeine Zielsetzungen postuliert, werden von Katowice verbindliche Zuständigkeiten erwartet. Zumal die Realität die Dringlichkeit der Übereinkommen noch gesteigert hat. 2017 ist nach drei Jahren der Stagnation der CO2-Gehalt der Luft wieder gestiegen. Zur Erinnerung des schon Beschlossenen: Bis 2030 müssen die CO2-Emmissionen gegenüber 2010 um 45% reduziert werden, bis 2050 soll sogar netto gar kein CO2 mehr in die Luft geblasen werden. Weiß der Himmel, wie das gehen soll, wenn alles so weiter läuft, wie bisher.
An Warnungen hat es nie gefehlt. Spätestens seit den Berichten des Club of Rome zur Entwicklung des Weltklimas wissen wir darüber Bescheid, was das Weiter-so bedeutet. Ich erinnere mich an die düsteren Prognosen des ehemaligen Managers und Umweltaktivisten Daniel Goeudevert, der vor Jahren resigniert prophezeite, dass „nicht einmal Katastrophen die Menschen dazu bringen werden, ihr Verhalten zu ändern“. Als er das sagte, war Donald Trump noch auf dem Weg zum Immobilientycoon, der sich jetzt einen Namen als Klimaleugner macht und das Pariser Abkommen kündigt. Auch Jair Bolsonaros Androhungen, dem Amazonas-Gebiet den bisher schon fragilen Schutz weiter zu entziehen, lassen Schlimmes befürchten.
Mit dem gegenwärtigen Streit um die Reduzierung der Diesel-Abgase ist ein weiteres Umweltproblem auch bei uns angekommen. Warum nicht wenigstens auf das eine oder andere Autorennen verzichten, solange nicht mit Wasser gefahren wird. Zu billig ist mir die Schuldzuweisung an die Politik, auch wenn eine Kerosinsteuer in der Tat überfällig und die Auffüllung des Grünen Fonds für die Entwicklungsländer notwendig ist.
Nein, es geht nicht nur um die Länder, – oder die Politiker – es geht vor allem auch um das Verhalten jedes Einzelnen, wenn wir die von den Experten prognostizierte „Heißzeit“ noch abwenden wollen. Es bleibt dabei. Angesagt ist Energiesparen. So sind aus Klimasicht Billigflüge kriminell. Die Carsharing-Modelle haben den Autowahn bisher nur unzureichend gestoppt. Wer braucht schon wirklich einen SUV? Und übrigens verhungert niemand, wenn er den Fleischkonsum einschränkt. Wie es aussieht, wurde in Katowice Wichtiges beschlossen. Die Umsetzung entscheidet sich wieder auf jenen Ebenen, die wir als mühevolles Terrain zur Genüge kennen.
Immerhin stellt das Berliner Studierendenwerk zum Jahreswechsel in Mensen und Cafeterien aller Hochschulen den Getränkeverkauf in Bechern ein. To-go nur noch in eigenen Bechern. Geht doch.

Die Kolumne erschien am 13.12.2018 in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau.

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