Kolumne Juni/Juli 2007
Sind sie nicht schön anzuschauen. Gesundheitsministerin Ursula von der Leyen oder Ministerpräsident Christian Wulff in der Bunten, der „emotionalsten Zeitschrift Deutschlands“. Wie sie da im Festtagslook auf Schloss Bückeburg brav in die Kamera lächeln, kurz bevor die große Hochzeitssause von Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe und Nadja Zsoeks losgeht. Wer wie die beiden Politiker solch illustrierte Anwesenheit demonstriert, hat sich einen Platz unter den Top Hundert der 12 000 wichtigsten Prominenten redlich verdient.
Den Beweis liefert das „neutrale Wichtigkeits-Barometer“ Star Control aus dem Hause Burda , das die Bedeutung eines Menschen am Grad seiner Schlagzeilenpotenz messen kann. Beeindruckend! Ja, nicht nur Adel, sondern auch Politik verpflichtet. Anscheinend zur Dauerpräsenz in den bunten Medien. Patricia Riekel, Chefredakteurin der Promipostille, brachte es vor der letzten Bundestagswahl auf den Punkt: „Wenn jemand in „Bunte“ nicht vorkommt, kommt er unter Umständen auch im öffentlichen Bewußtsein nicht vor.“ Unter diesen Umständen hat mich das öffentliche Bewusstsein also längst begraben. Gebe ich im allwissenden Internet meinen Namen in der Promi-Suchmaschine von Star Control ein, wird mir mit digitalem Bedauern gemeldet: „Leider nicht gefunden“. Ich erkenne neidlos an: Mir fehlt offenbar der von Riekel besonders geschätzte Duft von „Männlichkeit und Macht“, an dem über vier Millionen Deutsche schnuppern sollen, wenn sie die großen Gefühle starker, erfolgreicher Menschen allwöchentlich „hautnah“ illustriert bekommen.
„Aufmerksamkeit ist der Nährboden des Erfolgs. Sie ist die härteste Währung unserer Zeit. Medien schaffen und lenken die Aufmerksamkeit eines Millionenpublikums“, behaupten die Macher des wichtigsten deutschen Klatschblatts. Fürwahr, Politiker können von dieser verlockenden Valuta nicht genug kriegen, wollen sie gewählt und bewundert werden. Der Preis für diese Aufmerksamkeit kann allerdings hoch sein. Die Gleichung große Schlagzeilen gleich große Wichtigkeit geht nicht immer so glatt auf, wie der mit Gräfin Pilati planschende Rudolf Scharping vor Jahren in der „Bunte“ leidvoll erfahren musste. Und auch Gabriele Pauli hätte vermutlich eine bessere Figur gemacht, hätte sie für „Park Avenue“ nicht als männermordende Latexlady posiert.
„Wer hat noch Lust, die politischen Debatten in allen Einzelheiten zu verfolgen“, fragt sich Riekel, ihren treuen Lesern angeblich aus der Seele sprechend. Anscheinend keiner. Schließlich sagen Outfit, Schminke und Lifestyle mehr als tausend Worte und Beschlüsse. Die medial erzeugten Bilder von Politikern sind längst wirkungsmächtiger geworden als ihre Taten. Wer die Datscha von Angela Merkel oder das Wohnzimmer von Guido Westerwelle einmal von innen sehen durfte, ist ausreichend fit für die nächsten Wahlen. Denn Politiker sind ja auch nur Menschen wie du und ich. Mit dem kleinen Unterschied: Sie wollen gewählt werden.
Wer auf das immer schneller drehende Medienkarussell aufspringt, darf sich nicht wundern, wenn ihm dabei schwindelig wird und seine Botschaften bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen. Klare Konturen und pointierte Positionen sind mir da allemal lieber als illustre Homestorys und kokette Posen in der farbstichigen Promiwelt aus zweiter Hand.