Bankrotterklärung

Kolumne September 2008

„Das amerikanische Modell des Kapitalismus ist gestorben“, beschreibt der Chefredakteur von Newsweek International die derzeitige Lage. Tatsächlich? Haben doch US-Finanzminister und Notenbank abgesegnet von Senat wie Kongress sofort mit Milliarden den todkranken Patienten wieder reanimiert. Etwas anderes blieb ihnen auch nicht übrig, soll nicht das gesamte Wirtschaftssystem kollabieren.

Die turbokapitalistischen Regierungen in aller Welt stehen vor einem selbst verschuldeten Chaos, das sie mit ihrem Deregulierungs- und Privatisierungswahn heraufbeschworen haben. Und wieder einmal werden die Bürger zur Kasse gebeten und nicht die Banker. Warner hat es übrigens genug gegeben. Sie wurden verlacht und verspottet. Dagegen fordert nun ein neuer Typ von Wendehals, der gestern noch die Selbstheilungskräfte des Marktes beschwor, plötzlich die Verstaatlichung wenigstens der Banken.

Schon seit Jahren schalten und walten die Spekulanten auf dem Börsenparkett. Ohne Regeln und Sanktionen spekuliert es sich halt ungeniert. Da die Finanzjongleure darauf vertrauen können, dass am Ende der Steuerzahler für alle Verluste aufkommt, wird eben noch riskanter gepokert. Viele Börsianer sehen die Krise deshalb auch relativ gelassen, weil sie mit Sicherheit auf das Rettungspaket spekulieren können. „Alles andere wäre politischer Selbstmord“, sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank unverblümt. Solange das System so bleibt, wie es ist, müssen sie sich kaum Sorgen machen.

Wenn es nur bei markigen Sprüchen der Politiker bleibt, befinden sich die Bankrotteure in einer klassischen Win-Win-Situation. Manche Manager werden für ihre katastrophale Misswirtschaft auch noch fürstlich belohnt.  So der Chef des  Bankhauses Merrill Lynch mit geschätzten 160 Millionen Dollar, nachdem eracht Milliarden im ungebremsten Kapitalstrom versenkt hatte. Er war weder der Erste, noch wird er der Letzte sein, der mit einem goldenen Handschlag die Bühne verlässt. 

Das neoliberale Wirtschaftsmodell von Macht und Gier befindet sich nicht in einer Krise, sondern ist am Ende. Wenn selbst der Chef der Deutschen Bank nach dem Staat ruft, dann ist nicht nur mit den Krediten etwas faul, sondern mit dem ganzen System. Wenn jetzt der Kapitalismus seine eigenen Kinder frisst, reicht es nicht, die Bürger zerknirscht auf harte Zeiten einzustimmen und ständig neu „das wahnsinnige Renditestreben“ anzuprangern. Merkel wie Steinbrück sind gefordert, endlich von den steuerlich geförderten und vermeintlich innovativen Finanzprodukten wirklich Abschied zu nehmen, noch entschlossener den Kampf gegen die Steueroasen aufzunehmen, die wahren Schuldigen am Bankrott auch persönlich haftbar zu machen und nicht wieder einmal die Vielen für die Wenigen zahlen zu lassen.

Die Linke sollte die Backen übrigens nicht zu sehr aufblasen, haben doch ihre Altkader schon einmal eine Volkswirtschaft ruiniert. Gefordert ist die  Regierungspolitik, so sehr sie sich auch bereits selbst entmachtet hat. Nicht nur indem sie jetzt die maroden Geldinstitute  alimentiert, sondern rechtzeitig reglementiert. Alles andere ist eine Bankrotterklärung auch des Staates vor seinen Bürgern und ein weiterer Sieg für die Risikokapitalisten. Bevor also weltweit noch mehr Banken und Versicherungen Insolvent werden, müssen die G7-Staaten den Kasino-Kapitalisten Handschellen anlegen. Die hecken sicher längst den nächsten Coup aus, solange sie freie Hand haben.

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