System WEITER SO

Kolumne Juli 2009

Man sollte meinen, aus Schaden werden Leute klug. Falsch gedacht. Schon gar nicht jene Hasardeure, die den Crash zu verantworten haben mit ihren Forderungen nach Deregulierung, Privatisierung und Sozialabbau. Die Lautsprecher des Kapitals posaunen ihre neoliberale Heilsbotschaft kräftiger denn je hinaus. „Die Soziale Marktwirtschaft macht’s besser“, lautet der harmlos klingende Slogan der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM).

Lächelnd verkündet von wirtschaftskompetenten Profifußballern, Kunstturnern oder Springreitern, die alle Experten eines fairen und sauberen Wettbewerbs sind. Natürlich fehlen auch nicht die üblichen Verdächtigen aus den Vorstandsetagen, Arbeitgeberverbänden und Unternehmensberatungen, die bei all ihren Entscheidungen nur das Wohl der Lohnabhängigen im Sinn haben. 

Wie glaubwürdig und sozial ist die Bundesvorsitzende des Interessensverbandes der Zeitarbeitsunternehmen, die ohne rot zu werden behauptet: „Soziale Marktwirtschaft ist besser, weil in ihr alle vom Erfolg profitieren“. Alle? Dass die Leiharbeiter vom wirtschaftlichen Erfolg ihrer Arbeitgeber oder der Zeitarbeitsfirmen höchst selten profitieren und viele mit ihren Dumpinglöhnen die Hartz IV-Hürde haarsscharf streifen, verschweigt sie lieber. Und was ist von einem internationalen Unternehmensberater zu halten, der sagt „Freiheit, Erfolg und Gerechtigkeit gehören zusammen“ und mit seinen Sparplänen den Profitinteressen der Manager, aber nicht den Erwartungen der Arbeitnehmer gerecht wird? Wie viel sind die Worte eines Managers wert, der bei einem Jahresgehalt von knapp vier Millionen vom „sozialen Ausgleich“ spricht und seit Jahren Mitarbeiter entlässt, um die Rendite seines Unternehmens zu steigern?

Die Kampagneros und ihr Aktionismus sind weder sozial noch sind sie seriös. Wenn sich die INSM auf dem „Höhepunkt“ ihrer Kampagne mit Bundeskanzlerin Merkel als Gastrednerin auf einer ihrer Veranstaltungen schmückt, um sie wenig später „auf zugespitzte Weise“ in ihrem Onlinespiel „FantasticFive. Verballer die Staatsknete“ als Witzfigur zu präsentieren, hat das wenig mit einem fairen Wettbewerb der Argumente zu tun. Wer, wenn nicht die Klientel der radikalen Marktwirtschaftler zieht denn Gewinn aus den milliardenschweren Rettungspaketen der Bundesregierung. Der einfache Steuerzahler gewiss nicht. Von Reue in den Reihen der marktgläubigen Manager ist auch ein Jahr nach dem Fiasko nichts zu spüren. Trotz Krise heißt die Parole: „Weiter so“.

Wenn die Wirtschaftskapitäne staatliche Kursänderungen akzeptieren, dann natürlich nur zu ihren Gunsten. So wie im Falle der „Bad Bank“-Regelung. Von diesem Geschenk werden in erster Linie die Bad Banker profitieren, die damit ruckzuck ihre beschädigten Bilanzen und ihr angekratztes Image aufpolieren. Dass sie die angeschlagenen Unternehmen ebenso schnell aus der Kreditklemme befreien, bezweifelt sogar der Finanzminister. Auf die Steuermilliarden und Haftungssicherheiten der Allgemeinheit spekulieren die Zocker nach wie vor. Die Aktionäre der Hypo Real Estate etwa sind gar nicht am Verkauf ihrer Anteile interessiert. Sie setzen darauf, dass der Staat die Bank wieder saniert und sie halt später wieder kräftig abkassieren können. Wer nicht so lange warten will, wettet eben wieder auf sinkende Kurse. Die Leerverkäufe an der New Yorker Wall Street haben seit Juni wieder Konjunktur. Die ökonomische und soziale Vernunft dagegen, kann derzeit mit keinerlei Aufschwung rechnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert