Das Milliardenspiel

Kolumne Mai 2010

Die Banken sind wieder einmal fein raus und zocken die Regierungen Europas erneut nach Strich und Faden ab. Vor gut zwei Jahren haben sie die Finanzinstitute vor dem Bankrott gerettet und schon spekulieren sie ungeniert auf den Bankrott ihrer Retter. Was des einen Leid, ist des anderen Freud lautet ihr unmoralisches Motto. Sinkt der Kurs des Euro, steigen ihre Gewinne. Und er fällt immer weiter, weil die Devisenhändler nicht daran glauben, dass die Finanzspritze für Griechenland mit 125 Milliarden Euro hoch genug dosiert ist.

Darum machen IWF und EU für alle Wackelkandidaten der Euro-Zone sicherheitshalber schon mal das Sechsfache locker. Von den milden Milliardengaben profitieren in erster Linie aber die Banken und nicht die Pleite-Staaten.

Indem sie auf den fallenden Euro spekulieren, setzen sie ja zugleich auf dessen Sanierung durch die EU. Nicht umsonst haben die Banken gezielt in griechische Staatsanleihen investiert, fest darauf vertrauend, dass Europas Staatschefs die Verantwortung und damit die Schulden des schwächelnden Partners begleichen werden. Das jetzige Rettungspaket entpuppt sich bei näherem Hinsehen mitunter als riesiges Geschenkpaket für einige Milliardärsfamilien in Griechenland. Allein der griechische Reeder Spiros Latsis, der 40 Prozent an der anleihenhungrigen EFG Euro Bank hält, darf dank der Brüsseler Spenden mit einem zusätzlichen Gewinn von 1,5 Milliarden Euro rechnen. Der griechische Staat hingegen muss bis 2014 eine Summe von 30 Milliarden einsparen, wobei noch nicht einmal restlos geklärt ist, auf welche Weise.

Mit Schnellschüssen wie diesen ist weder Griechenland noch dem Euro langfristig geholfen.  Gewinner dieser kurzsichtigen Politik sind dreiste Banker, die sich auch noch als Retter in der Not präsentieren. Brüsten sich derzeit doch deutsche Banken und Versicherer damit, dass sie acht Milliarden Euro an Krediten verlängern und Staatsanleihen halten wollen, um Griechenland zu helfen. In Wirklichkeit aber helfen sie nur sich selbst. Sie können derzeit ja auch nicht mehr als stillhalten, wenn sie ihre Forderungen an Griechenland irgendwann mit Gewinn einfahren wollen. Garantien für dieses scheinbar selbstlose Angebot wollen die Banken natürlich nicht übernehmen. Die fordern sie lieber von Politikern, auf deren schnelle Hilfe sie jetzt immer noch vertrauen konnten. 

Aber können sich die Bürger auf den Willen von Politikern verlassen, aus sozialer Verantwortung den Primat über die Märkte zurück zu gewinnen? Das Verbot hochriskanter Spekulationsgeschäfte, der Zwang zu mehr Eigenkapital der Banken sowie eine Finanztransaktionssteuer sind ebenso dringlich und alternativlos wie die rasche Konsolidierung des Euros und Griechenlands. Warum sind Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen immer noch nicht verboten und warum macht Deutschland nicht den Anfang damit und bringt die Zögerer in Zugzwang? Es muss ein Land beginnen, bevor die radikalen Populisten aller Länder die Interpretationshoheit  über die riesigen Schuldenberge übernehmen. 

Doch in dieser Richtung sind statt entschlossener Taten meist nur wutentbrannte Worte zu vernehmen, wie die von Nicolas Sarkozy, der die „Rating-Agenturen moralisieren“ möchte. Vom entschlossenen Eingreifen der Politik hängt nicht nur das Wohl der Wirtschaft, sondern auch die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit von Demokratien ab. Werden die Staaten mehr und mehr vom Geld regiert, haben die Politiker bald abgewirtschaftet.  

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert