Reich trotz Pleite

Kolumne 28. September 2010

„Leistung muss sich wieder lohnen“, heißt es immer wieder so schön. Schön, wenn’s so wäre. Denn oft genug ist das Gegenteil der Fall. Die meisten Arbeitnehmer schuften ihr Leben lang für eine bescheidene Rente. Einige wenige privilegierte unter den Leistungsträgern aber treiben ganze Banken in den Ruin und gehen mit Millionen-Pensionen in den vorzeitigen Ruhestand. Ein Bankrott rechnet sich hierzulande offenbar besser als normale Arbeit. Die Pleitebanker von der Hypo Real Estate gehen straflos mit denkbar schlechtem Beispiel voran und werden für ihre Misswirtschaft noch belohnt.

Von Boni und Pensionen in Millionenhöhe können normale Arbeitnehmer nur träumen. Während etwa die Arbeiter von Opel auf Teile ihres Weihnachts- und Urlaubsgeldes sowie auf Tariferhöhungen verzichtet haben, um ihr Unternehmen und ihren Arbeitsplatz zu retten, gönnen sich die Banker der HRE Millionen-Boni für das „erfolgreiche“ Geschäftsjahr 2009. Ein Jahr, in dem die Bank 2,2 Milliarden Verlust gemacht hat. Egal. Vertrag ist Vertrag. Und der sieht nun mal 25 Millionen Euro Erfolgsprämien für die 1.400 Fachkräfte vor. Nicht eingerechnet die jährlichen Pensionsansprüche der Vorstandsmitglieder in Höhe von 180.000 Euro. Abgenickt von Vertretern des Wirtschafts- und Finanzministeriums im Aufsichtsrat der HRE. Hält sich die Regierung weiterhin an solche Abmachungen darf sich auch noch der Ex-HRE-Chef Funke Hoffnungen auf seine millionenschweren Pensions- und Gehaltsforderungen machen.   

Wie es aus Schäubles Ministerium heißt, braucht das famose Geldinstitut „für die anvisierte Restrukturierung und Neuausrichtung … erfahrene und gute Mitarbeiter. Ein Exodus von Leistungsträgern bei der HRE würde erhebliche Risiken … bergen.“ Sind das dieselben  „guten Mitarbeiter“, die bisher doch wohl eher zum Schaden und nicht zum Nutzen ihres Unternehmens gewirtschaftet haben? Das eigentliche Risiko tragen ohnehin die Steuerzahler. Ungefragt haften sie mittlerweile mit bis zu 142 Milliarden Euro für die marode Bank und dürfen auch noch die Sonderzahlungen für die „Finanzexperten“ zahlen.

Was ist das für ein sonderbares Gesellschaftssystem, in dem Wenige ihren Spekulationstrieb auf Kosten der Vielen auch noch mit staatlicher Unterstützung ausleben können? Der Normalbürger versteht die Welt nicht mehr, besser gesagt jene Politiker, die diese Selbstbedienungsläden am Laufen halten. Der Weg von der Fassungslosigkeit zur Verbitterung ist kurz. Wenn solche Aktionen politisch folgenlos bleiben, werden sich immer mehr Bürger von ihren Vertretern in Parlamenten und Parteien abwenden. Die Beispiele von Bürgerenttäuschung erreichen langsam ein die Demokratie gefährdendes Ausmaß.

Da ändert auch der Aufschrei der Medien kaum etwas. Sie können noch so viele Affären enthüllen, öffentlich machen und anprangern. Der publizistische Tadel prallt an Vielen einfach ab. „Zeitungen sind die letzten Kritiker der Politik“ hat der Verleger Alfred Neven Du Mont kürzlich behauptet: Ja, ja. Insoweit ist es in solchen Fällen mit der Macht der vierten Gewalt nicht weit her. Gefragt ist jetzt die gesetzgebende Gewalt. Statt die Profiteure der Pleite mit windigen Argumenten zu verteidigen, sollten sie schleunigst alle Gesetzeslücken schließen, die jene auch noch zu Gewinnern der Krise machen.

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