Schluß mit Steuerparadies!

Kolumne 22. Dezember 2011

Manche Bibelsprüche entfalten zu Weihnachten ihre größte Wirkung. „Geben ist seliger denn nehmen“ gehört dazu. Des Menschen Herz wird weicher angesichts des Elends, das uns – nicht gerade in Berlin-Dahlem oder in Taunus-Wohnlagen – aber doch sonst überall auf Schritt und Tritt begegnet. Die zwei Euro machen den Spender nicht arm und den Verkäufer des „Straßenfeger“ nicht weniger obdachlos, aber die Geste zählt. Angenommen, auch die deutschen Steuerflüchtlinge unter den Reichen und Superreichen bekämen solch ein vorweihnachtliches Gefühl.

Dann könnten sie für ein paar Tage ihren Leitspruch „Steuern sind Diebstahl“ vergessen. Weil das Heimweh sie doch häufiger, als es steuerlich notwendig ist, nach hause zieht, verließen sie die schöne Rennfahrerheimat Monaco und würden das heimische Finanzamt bedenken.
Wollten wir übrigens auf die vielen prominenten deutschen Steuerverweigerer aus Sport und Unterhaltung verzichten, dann sähe unser Weihnachts-TV-Programm mit Sicherheit anders aus.
Eine märchenhafte Vorstellung. Und die Realität? Allein in der Schweiz und in Liechtenstein werden 120 bis 250 illegal gebunkerte Schwarzgeldmilliarden Euro vermutet. Ungezählte Summen an unversteuertem Geld liegen auf Banken der britischen Kanalinseln, in Dubai und Singapur. Auch Lettland und die Slowakei, wo Unternehmensgewinne mit vergleichsweise lächerlichen Steuern bedacht werden, bieten sich als Fluchtorte für das scheue Kapital an.
Sicher, Liechtenstein ist jetzt auf dem Weg, den deutschen BND aus der peinlichen Lage zu befreien, Datendieben CD’s mit Kundendateien abkaufen zu müssen. Und Regierungschef Tschütscher versichert, man wolle in Zukunft keinen Kunden mehr, „der allein an steuerlichen Umgehungsvorteilen interessiert ist“. Ob denn die Karawane jetzt am Fürstentum vorbei in Richtung Karibik weiterziehen werde, fragte ihn kürzlich eine deutsche Zeitung. „Das wird sicherlich vorkommen“, so seine lapidare Antwort.
Wie wäre es, wenn Europa seinen ruinösen Dumping-Steuerwettbewerb beenden würde, die am besten Verdienenden auch die ihnen gemäßen Steuersätze zahlten und wenn endlich die Finanztransaktionssteuer künftig ihren angemessenen Preis hätte – so könnte Schuldenabbau tatsächlich beginnen. Deutschland müsste trotzdem noch ein halbes Jahrhundert lang Jahr für Jahr 100 Milliarden für Zins und Tilgung aufbringen um die Schuldenuhr auf Null zu stellen, um diese unerhörte Last nicht den nächsten Generationen aufzubürden!
Schon vor sechs Jahren habe ich mich mit einer Anzahl Gleichgesinnter dafür eingesetzt, das „Steuerparadies Deutschland“ für die wirklich Reichen abzuschaffen. Um Länder und Gemeinden in die Lage zu versetzen, die Bedürfnisse ihrer Bürger zu finanzieren, Sozial-, Bildungs- und Kulturabbau zu verhindern, gibt es keine Alternative.
Stattdessen erhöht sich mit jedem Jahreshaushalt die Neuverschuldung bei gleichzeitigem Versprechen, Steuern zu senken. Beschwichtigend wird angemerkt, dass die Steigerung doch ein wenig niedriger sei als man befürchtet habe. Angesichts dieser sich selbst in die Tasche lügenden Heuchelei muss einem Angst und Bange werden. Die Argumentation erinnert mich an den griechischen Sargfabrikanten Koutropulos, der seinen Betrieb in den bulgarischen Nachbarort verlegt hat, weil er dort nur noch 10% Einkommenssteuern zahlt. Das sei nicht unpatriotisch, sagt er. Schließlich liefere er doch die Särge ins Heimatland.

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