Kolumne 20. Dezember 2012
Ja, ich werde meinen Rundfunkbeitrag klaglos zahlen, der ab Januar für jeden Haushalt – egal, mit welchem Gerät gesehen oder gehört wird, fällig ist. Und weil in meinem Heidelberger Büro, das zugleich als Kommunikationszentrum dient, auch ein Fernseher steht, werde ich wohl künftig draufzahlen müssen. Das mag ungerecht erscheinen, weil der TV-Zuschauer allem technischen Fortschritt zum Trotz in einem Augenblick doch immer nur an einem Ort zappen kann. Doch ich bin und bleibe ein Fossil, das meint, ein Geld verdienender Mensch, der ein Gemeinwesen nutzt, hat dieses auch zu unterhalten.
So wie meine Steuern in das Stadt- und das Staatssäckel in der Erwartung fließen, dass Stadt und Staat Sinnvolles damit anzufangen wissen, soll mein Rundfunkbeitrag die öffentlich-rechtlichen Medien am Leben halten, damit sie ihren Auftrag einer demokratischen Grundversorgung auch in Zukunft erfüllen können. Das schreibe ich bewusst in diesen Tagen, da aus allen Rohren auf ARD, ZDF und die ganze regionale Sendervielfalt geschossen wird, als gälte es, parallel zum drohenden Zeitungssterben nun auch das kostbare nichtkommerzielle Rundfunksystem zu Fall zu bringen. Was geht da eigentlich vor, wenn ein Handelsblatt-Redakteur mit seiner Kampfschrift gegen die „Nimmersatten“, die er keineswegs im Frankfurter Bankenviertel sondern in den Büros der Sendeanstalten ortet, das ganze öffentlich-rechtliche Rundfunksystem in Frage stellt? Welche Interessen stehen hinter diesem Furor, mit dem gerade ein Jahrzehnte taugliches Erfolgsmodell der bundesdeutschen Medienkultur bekämpft wird?
Eine Ursache liegt sicher in den dramatisch sinkenden Zahlen der Zeitungsauflagen wie der Einnahmen, die lange Zeit durch Werbung und Annoncen zu erzielen waren. In dieser schwierigen Situation müssen die großen Verlage schnellstens neue Geschäftsmodelle finden, um dem Internet die Freude an der „alles umsonst“ Freigiebigkeit zu nehmen. Denn gerade dort stört es sie, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Informationsangebote, Qualitätsjournalismus in Wort und Bild, kostenlos, weil gebührenfinanziert, anbieten. Der teilweise groteske Kampf um die Tagesschau-App und um die möglichst kurze Dauer, in der Rundfunkbeiträge im Netz verfügbar sein dürfen, waren nur erste Scharmützel in der drohenden großen Schlacht, die den gebührenfinanzierten Rundfunk verdrängen soll.
Dagegen müssen wir uns wehren, weil am Ende nur Verlierer übrig bleiben würden. Noch mehr Dschungelcamp würde selbst diese Kulturnation nicht aushalten.
Aber es hilft auch nichts, sich in Mainz und von Kiel bis München zu verbarrikadieren. Die lauter werdenden Forderungen nach Transparenz sowohl der Entscheidungen in den Rundfunkgremien als auch der sinnvollen Gebührenverwendung, nach Abkehr von einer starren Quotenideologie und dem irrsinnigen Glauben, Quote sei gleich Qualität, nach einer ehrlichen Debatte über den Sendeauftrag, sind nicht von der Hand zu weisen. 7,5 Milliarden Euro müssen gerechtfertigt werden. Das Argument, Fussball-Sendelizenzen würden immer teurer, taugt nicht zur Legitimation. Die bedrückende Zahl, wonach nur noch 7,5 Prozent der unter 50jährigen ARD oder ZDF brauchen, sollte bei den Programmverantwortlichen keine Schockstarre, sondern Kreativität auslösen. Erste Überlegungen, ob ein gemeinsamer Jugendkanal diesen Schwund aufhalten kann, gibt es bereits. Doch wenn dieses junge Fernsehen aus regulatorischen Gründen einen Bogen um das Internet machen muss, dann wird es seinen Adressaten nicht begegnen.