Kolumne 17. Dezember 2015
Nach den Attentaten der Islamisten gegen unsere europäische Art frei zu leben, wurde Paris plötzlich zum Ort des Schreckens. Ist diese Stadt nach dem Ende der Weltklimakonferenz nun ein Symbol der Hoffnung, dass die Erderwärmung noch zu stoppen ist? Jedenfalls will man verbindlich unter dem 2-Grad-Ziel bleiben. Ausgehend vom Ist-Zustand bescheinigen Wissenschaftler sogar eine 3-4-Grad-Erwärmung, wenn nichts Gravierendes geschieht.
Niemandem soll nach dem zähen Ringen unter 196 Staaten die Freude am Erreichten streitig gemacht werden. Für den Leiter des UN-Umweltprogramms ist die Einigung „eines der wichtigsten Abkommen in der Geschichte der Menschheit“. Eine neue Ära in der Technologie und des Fortschritts sei begründet und nach 250 Jahren der Abschied von den fossilen Energieträgern eingeleitet. Aber während Barack Obama das Erreichte in den höchsten Tönen lobte, erklärte der republikanische Mehrheitsführer brutalst möglich, dass bei einem Wahlsieg seiner Partei jene Übereinkunft sofort „geschreddert“ würde.
Doch alles, was in Paris an hehren Zielen beschlossen wurde, steht unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit. Allerdings soll nach jeweils fünf Jahren eine Überprüfung erfolgen, ob die eingegangenen Verpflichtungen eingehalten werden. In Anbetracht eines gestiegenen Gefahrenbewusstseins wurde endlich gehandelt. Jetzt müssen Taten folgen.
In Paris ging es um das Weltklima, um das Große und das Ganze. In den jeweiligen Heimatländern geht es um das tausendfache Kleinklein. Dabei kommt nun hierzulande die viel strapazierte Familie Mustermann ins Spiel. Sie ist die letzte Instanz aller Appelle, wenn es um den individuellen Verhaltenskodex geht. Die derzeitigen Spritpreise laden mehr zur Verschwendung ein als zum Sparen. So kann Herr M. ganz entspannt mit seinem Geländewagen weiter brettern. Gipfel hin, Gipfel her, liegt er doch laut der letzten Bild am Sonntag voll im Trend. In der Kategorie „Leben“ wird dort redaktionell offensiv für den „SUV fürs Grobe“ geworben: „Wer offroad fahren will, braucht einen echten Jeep. Jedes fünfte in Deutschland verkaufte Auto ist mittlerweile ein SUV“. Der Jubeltext endet mit dem „Fazit: Freiheit satt“. Und als Gipfel des Zynismus jammert dasselbe Blatt vor düsterer Kulisse „Verfeuern wir mit dem billigen Öl unsere Zukunft?“
Aber vielleicht erwägt ja Familie M. schon den Umstieg auf ein Elektromobil oder entdeckt wieder die Bahn, den so viel billigeren Fernbusanbietern zum Trotz. Aber was ist mit den bereits gebuchten Reisen mit dem Billigflieger? Stornieren?
Es eilt jedenfalls. Um dem Abkommen zum Erfolg zu verhelfen, sollten einige Schlüsselstaaten als Pioniere vorangehen und auf die Kraft des guten Beispiels vertrauen. Ob Deutschland selbstverständlich dazu gehören könnte, ist so sicher nicht. Denn laut Spiegel fällt die Umweltbilanz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach zehn Amtsjahren negativ aus. Das Umweltbundesamt bestätigt, dass die umweltschädlichen Subventionen in diesem Zeitraum von 42 auf 52 Milliarden jährlich gestiegen sind.
Derzeit werde ich täglich beim Blick aus meinem Fenster ganz konkret daran erinnert, dass etwas geschehen muss. Denn der benachbarte Nussbaum bildet schon wieder Knospen. Ständig versuche ich ihm zu erklären, dass der Winter erst noch kommt. Aber er versteht es nicht, oder will es nicht verstehen, aus Trotz?