Kolumne 31. Dezember 2015
Es ist geschafft, oder sind sie nur vorbei: Die öffentlichen Jahresendabrechnungen, begleitet von den Ausläufern vor- und nachweihnachtlicher Rituale, den ausufernden Weihnachtsmärkten mit ihren Glühweinständen, gut besucht wie immer, von Terrorangst keine Spur.
Auch alle Messen sind gelesen. Es ging wieder um die Schrecken des Krieges und die Hoffnung vom Frieden auf Erden. Wenn die Montagsmarschierer wirklich Ernst machen wollten mit der Verteidigung des christlichen Abendlandes, dann müssten die Kirchen vor dem Besucheransturm kapitulieren.
Die persönliche Bilanz des Jahres fällt bei Durchsicht meiner Kolumnen eher düster aus.Angefangen hatte es mit Saudi-Arabien. Es ging und geht um den Autoren und Blogger Raif Badawi. Sein Vergehen: Meinungsfreiheit zu fordern in einem Staat, in dem das Gerichtswesen von Religion beherrscht wird. Zwar wurde das Prügelritual nach 50 von 1000Schlägen zunächst ausgesetzt. Doch seitdem sein Verfahren als abgeschlossen gilt, scheint jede Hoffnung auf Rettung vergebens. Stellvertretend nahm jetzt seine Ehefrau in Straßburg den Sacharow-Preis entgegen.
Die Lage des ukrainischen Filmemachers Oleg Senzow hat sich weiter verschlechtert. Nach Putins Annexion der Krim geriet er ins Fadenkreuz russischer Verfolger. In Rostow am Don wurde er „als Russe“ im Berufungsverfahren auf Grund erpresster Anschuldigungen zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
Schon lange war abzusehen, dass der Zustrom von Flüchtenden aus den Krisengebieten der Welt alle anderen Themen verdrängen würde. Die Beschwörungsformel der Kanzlerin führt inzwischen zu vielfältiger Interpretation. Dabei geht es längst nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie, wenn wir Humanität und Zivilität nicht im 25sten Jahr des eben noch bejubelten Mauerfalls neuen Mauern opfern wollen.
Unerträglich ist die wachsende Zahl von Angriffen und Brandanschlägen gegen Hilfe Suchende. Die vielen Helfer, oft bis zur Erschöpfung im Einsatz, nähren dagegen die Hoffnung, dass Demokratie und Rechtsstaat noch in guten Händen sind. Das gilt es auch vor den drei bevorstehenden Landtagswahlen zu beweisen. Überlassen wir deshalb die zu erwartende fremdenfeindliche Hetze Gruppierungen wie der AfD.
Bleibt das System Amazon. Noch haben die Streiks nicht dazu geführt, dass der Konzern seine Mitarbeiter leistungsgerecht entlohnt. Legale Steuerhinterziehung und Datenklau bleiben das Geschäftsmodell. Der amerikanischen Nobelpreisträgers Paul Krugman hat Recht, dass Amazon wegen seiner die Demokratie gefährdenden Machtfülle zerschlagen werden muss. Ich bleibe dabei: Auch der Kunde macht sich mitschuldig. Ohne ihn würde das monströse Machtkonglomerat mit Weltraumphantasien kollabieren.
Auf den Islamistenterror von Paris folgte immerhin die globale Verabredung, es noch einmalzu versuchen, die programmierte Klimakatastrophe abzuwenden. Dazu „passt“ ein TV-Beitrag im ARD-Mittagsmagazin dieser Tage. Berichtet wurde von einer fassadenfüllenden Lichter-Installation. Stolz schwärmte ein junger Mann im Dekorausch davon, dass er 46 000 Glühlampen verbastelt habe und schon für 2016 plane: noch größer, noch schöner.
Derweil bereiten sich Feuerwehren und Notaufnahmen der Welt auf ihre finalen Einsätze vor. In Anbetracht der Silvesterknallereien, haben die Berliner Brandschützer schon vor drei Jahren erklärt, dass sie den Glauben an das Prinzip AUFKLÄRUNG inzwischen aufgegeben haben. So viel zum Thema Vernunft. PROSIT NEUJAHR!