Kolumne August 2016
Doch. Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Auch wenn es nur um die Meldung von der Wiederherstellung eines Zustandes vor einer selbst verschuldeten Zerstörung geht. Die Rede ist vom Ozonloch, das in den 80er und 90er Jahren für große allgemeine Aufregung sorgte und sich nun nach Beobachtungen von Wissenschaftlern über dem Südpol wieder schließt.
Dieses erfreuliche Ereignis war jüngst der FAZ Anlass für einen Kommentar, überschrieben: „Der Kreis schließt sich. Das Ozonloch hielt und lässt die Ökokritiker alt aussehen“. Die WELT, die ihrem Kolumnisten Uli K. über Jahrzehnte reichlich Gelegenheit geboten hatte, sich über die „Ökospinner“ lustig zu machen, beteiligte sich überraschend differenziert an der Debatte, nicht ohne die alte Kampflinie endgültig zu verlassen. „Himmel hoch jauchzend“ heißt es da. Und weiter: „Mit dem sich wieder schließenden Ozonloch schwindet auch die Gewissheit des Weltuntergangs. Der Mensch ist besser als gedacht“. Der Mensch? Wenn der Feuilletonist sich da mal nicht täuscht. Denn gleich versprüht der Autor seinen Abwehrzauber gegen die Unbeirrbaren unter den Umweltschützern, wenn er behauptet, die „Ökohysterie braucht das Ozonloch wie die Luft zum Atmen“.
Das Ozonloch schließt sich jedenfalls nicht von selbst. Es war ein langer, zäher Kampf mit Industrie und Verbrauchern. Meine Erinnerung an diese Auseinandersetzungen ist noch hellwach. Auf dem Höhepunkt des Streits um jene Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die nicht nur in Verdacht standen, die lebensschützende Ozonschicht zu zerstören, entwarf ich zusammen mit Greenpeace ein Großflächen-Plakat, das 1990 bundesweit geklebt wurde. Text und Abbildungen ließen es an Schärfe nicht vermissen. „Alle reden vom Klima. Wir ruinieren es“. Unter dieser Textzeile befinden sich die Porträts der Vorstandsvorsitzenden der HOECHST AG und der KALI-CHEMIE AG mit vollem Namen und den Nummern ihrer Diensttelefone. Beide Chemiebetriebe waren die wichtigsten deutschen FCKW-Produzenten.
Der HOECHST-Chef klagte durch alle Instanzen, um schließlich vom Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit des Plakats bestätigt zu bekommen. Die letztinstanzliche Entscheidung fiel erst nach neun Jahren, einem der längsten Verfahren dieser Art in der BRD. Das Gericht entschied, dass ein Betroffener, der selbst am öffentlichen Meinungskampf teilnimmt, auch einprägsame und starke Formulierungen gegen sich hinnehmen muss. Gerade in Zeiten der Globalisierung war ein solcher Richterspruch von großer Bedeutung.
Das „Loch im Himmel“ hat sich keineswegs etwa aus höherer Einsicht von selbst wieder geschlossen. Ein wichtiger Schritt auf dem Wege zum FCKW-Verbot innerhalb von zehn Jahren war das „Montrealer Protokoll“ von 1987 und 1990. Wer heute das Schließen des Ozonlochs zum Anlass nimmt, die Ökoaktivisten erneut als Apokalyptiker zu diffamieren, hat immer noch nicht begriffen, wie es um unser Weltklima steht. Denn all die vielen inzwischen beschlossenen Klimavereinbarungen haben es bisher nicht geschafft, sich vor der Ökonomie Vorrang zu verschaffen. Das Pariser Klimaabkommen hat daran bisher noch nicht viel geändert.
Zum Erfolg des „Montrealer Protokolls“ haben übrigens vor allem die Frauen beigetragen. Sie haben die mit FCKW als Treibgas deklarierten Spraydosen einfach nicht mehr gekauft, nachdem sie um die Wirkungen des Teufelszeugs wussten.