Bis heute gibt es keine klaren juristischen Regeln für den Export deutscher Waffen. Das muss die neue Bundesregierung ändern. Kolumne vom 8.2.2018
Wenn heute Abend im Essener Museum Folkwang eine Ausstellung eröffnet wird, in der mehr als 180 meiner in vielen Jahren entstandenen Plakate gezeigt werden, dann fällt hoffentlich dem einen oder anderen Besucher auf, dass mein Credo „Nichts ist erledigt!“ der bitteren Wahrheit entspricht.
Ein Beispiel ist die Aktie der Firma Rheinmetall. Sie konnte im vergangenen Jahr einen Rekordzuwachs von 70 Prozent vermelden. Das ist nicht irgendjemand, sondern das nach eigenen Worten „führende Systemhaus der Heerestechnik Europas im internationalen Wettbewerb“, also der deutsche Rüstungsgigant, dessen an den Nato-Partner Türkei verkaufte Leopard-Panzer gerade in syrischen Kurdengebieten unterwegs sind.
Rheinmetall unterhält Tochterfirmen in Südafrika und auf Sardinien, von wo aus Waffenexporte in Konfliktzonen und an Staaten, in denen Menschenrechte nicht mal auf dem Papier stehen, problemlos möglich sind. „Damit trägt Deutschland dazu bei, dass diese Konflikte ausgesprochen blutig sind“, zitierte die ARD kürzlich in einer Dokumentation einen Experten.
Noch warten wir auf ein Gesetz, dass deutsche Behörden zustimmen müssen, wenn deutsche Firmen im Ausland Rüstungsgüter entwickeln oder produzieren wollen. Die Rüstungslobby wird nichts unversucht lassen, dagegen zu intervenieren. Auf sie ist Verlass, denn erste Signale, wonach die SPD-Unterhändler in den Sondierungsverhandlungen einen Ausfuhrstopp an Länder der arabischen Koalition fordern, die am Jemen-Krieg beteiligt sind, dürfte sie aufgeschreckt haben. Schließlich haben diese Staaten in zwei Jahren für zwei Milliarden Euro deutsche Rüstungsgüter eingekauft.
In der Essener Ausstellung ist mein Plakat „Alle reden vom Frieden – wir nicht“ von 1981 zu sehen. Darauf abgebildet wie auf einem Familienfoto fünf Rheinmetall-Manager, jeder von ihnen hält eine großkalibrige Panzerabwehrgranate in den Händen.
Das Bild erinnert an Mütter, die stolz ihre Babys dem Fotografen präsentieren. Ich schickte damals dieses Motiv als Leserbrief an den Spiegel, der zuvor über eine Hausdurchsuchung des Bundeskriminalamtes bei der Düsseldorfer Rüstungsfirma berichtet hatte. Es bestand der dringende Verdacht, dass Rheinmetall durch die Lieferung von Kriegswaffen in Krisengebiete gegen das Kriegswaffen-Kontrollgesetz verstoßen hatte.
Der Spiegel-Veröffentlichung mit meiner Ergänzung des Fotos um den Spruch, den ich bei der Bahn entlehnt hatte („Alle reden vom Wetter – wir nicht.“). Es folgte eine juristische Auseinandersetzung, die meine berufliche Existenz aufs Spiel setzte. Eine Düsseldorfer Anwaltssozietät forderte mich auf, das Plakat zurück zu ziehen, da ich ihre Mandantin Rheinmetall, diskriminiert hätte, indem ich suggerieren würde, die abgebildeten Vorstände seien gegen den Frieden.
Es folgten mehrinstanzliche Auseinandersetzungen über satirische Kritik, niemand würde ja die Bundesbahn für schlechtes Wetter verantwortlich machen. Ich hatte mehrere Richter auf meiner Seite. Das Landgericht wies die Beschwerde von Rheinmetall ab, weil es nicht darauf ankomme, „dass jeder Betrachter das Werk als Satire erkennt, denn jede Satire läuft Gefahr, von jenen verkannt zu werden, die keinen Sinn dafür haben“.
Jetzt ohne Satire: Ich erwarte von der neuen Bundesregierung ein schlupflochfreies Rüstungsexportgesetz. Egal, was es Rheinmetall kostet.
Die Kolumne erschien in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau.