Kolumne Februar 2008
„Wir haben nur noch 13 Jahre, um die Erde zu retten“, prophezeite die Bild-Zeitung Anfang des Jahres, als der UN-Klimabericht lediglich das bestätigte, was wir schon längst hätten wissen können: Der Mensch ist des Klimas größter Feind. „Otto Extremverbraucher“ war für zwei Wochen erstaunt und erregt.
Doch als die Medien das Thema wegen anderer „Neuigkeiten“ zurückstellten, gingen viele Menschen wieder zur Tagesordnung über. Gute Vorsätze gab es damals zwar zur Genüge, von der Energiesparlampe bis zur Standby-Abschaffung. Aber die Taten halten sich bis heute in Grenzen.
Bundesregierung und -behörden wollten mit gutem Beispiel voran gehen und ihren spritfressenden Fuhrpark ausmisten. Aber bislang kommt dieses Vorhaben nur schleppend voran. Vor gut zwei Wochen präsentierte dann Umweltminister Sigmar Gabriel vier „VW Passat BlueMotion“ in seiner Dienstflotte. Vier Mittelklassewagen, die deutlich weniger Kohlendioxid ausstoßen, aber leider noch immer nicht ganz dem für 2012 angepeilten EU-Richtwert genügen. Noch klimafreundlichere Kleinwagen wie den „VW Polo BlueMotion“ halten er und seine Fahrer wohl kaum für standesgemäß und praktikabel.
Doch allen Treibhausszenarien zum Trotz: Das Auto ist und bleibt des Deutschen liebstes Kind. Niemand, der es sich finanziell leisten kann, möchte wegen der Erderwärmung auf seine Luxuskarosse verzichten. Die Zulassungsstatistiken beweisen es: Vor allem die in Staus und nicht etwa in Schlammlöchern steckenden Off-Roader sind beliebter als je zuvor. Wenn es nach den neuesten Plänen des Wirtschaftsministers und den kruden Berechnungen des Umweltministeriums geht, werden die stolzen Besitzer eines drei Tonnen schweren Geländewagens alsbald mit einem Ökosiegel belohnt, dass ihnen besonders energieeffizientes Fahren bescheinigt. Denn zukünftig soll die enorme Nutzlast solcher Boliden mit ihren enormen Schadstoffwerten verrechnet werden. So kann man es der klimapolitisch unter Druck geratenen Automobilindustrie und uneinsichtigen Autofahrern auch recht machen.
Und wer statt mit Tempo 100 lieber mit fast 1000 Stundenkilometern in den Urlaub befördert werden möchte, muss sich auch keine Gewissensbisse mehr machen. Fliegen sei schließlich ökologisch sinnvoller als mit dem Auto zu reisen, meint Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber. Ein Glück also, dass bereits im letzten Jahr insgesamt 174 Millionen deutsche Fluggäste seinen Ökotipp beherzigt und den expandierenden Billigfliegern neue Rekordumsätze beschert haben. Unserer Erdatmosphäre hat der weltweite Flugbetrieb hingegen 3,5 Prozent der von Menschenhand verursachten Treibhausgase eingetragen. Aber dennoch sei der Verkehr in der Luft immer noch klimaschonender als der zu Lande, verteidigt sich Mayrhuber unbeirrt. Und so überbietet einer den anderen mit Schuldzuweisungen und verpestet weiter die Luft.
Dieser Teufelskreislauf wiederholt sich auch auf Bali, wo derzeit 190 Staaten um die Zukunft unseres Klimas pokern. So ist die EU nur bereit, ihren CO2-Ausstoß um 30 Prozent zu verringern, wenn der Rest der Welt mitzieht. Und der zweitgrößte Kohlendioxid-Emittent China wartet erst mal ab, wie die USA als Klimasünder Nr. 1 reagiert. Es hat also wenig Sinn, die halbherzigen Beschlüsse abzuwarten und tatenlos zuzusehen. Wenn nämlich alle Bürger ihre Autos, Heizungen und Elektrogeräte sparsamer nutzten, hätte der Klimawandel nicht nur unsere Köpfe, sondern endlich auch unser aller Verhalten erreicht.