Kolumne März 2008
Die Deutschen können zwar keine Berge versetzen, wohl aber Deutsche Bahn-Chef Hartmut Mehdorn. Das haben dieses Jahr nicht nur die SPD-Basis, sondern auch weite Teile der Bevölkerung bewiesen, als sie die von ihm geplante Teilprivatisierung der Bahn erst einmal stoppten.
Gegen den Mehrheitswillen geht hierzulande zwar viel, aber glücklicherweise noch nicht alles. Gewarnt seien also alle, die mit Tricks und schönen Worten den Bürger über den Tisch ziehen und sich ihrer gesetzlich verankerten Fürsorgepflicht entziehen wollen.
Von Politikern und Profiteuren dieser Art gibt es heute mehr als genug. Und ihre Zahl wächst angesichts der klammen Haushaltskassen ständig. Die Privatisierung öffentlichen Eigentums ist schon lange ein lukratives Geschäft. Nur nicht für den Staat und seine Bürger. Sondern für alle „Heuschrecken“, denen die öffentliche Hand gewinnbringende Immobilien, Stromnetze oder Verkehrsbetriebe für einen Spottpreis überlässt. Nach der Wende hat etwa die Daimler-Benz AG das Areal des Potsdamer Platzes für die Schnäppchensumme von rund 80 Millionen Euro erworben. Dieser Tage verkauft der Konzern das mit teuren Immobilien bestückte Grundstück in allerbester Innenstadtlage an die schwedische Immobilienbank SEB für vermutlich mehr als eine Milliarde Euro. Die paar Millionen von Daimler haben zwar ein paar Schuldenlöcher gestopft, aber das Vermögen der Stadt deutlich reduziert.
Besinnen sich Bund, Länder und Kommunen wieder auf ihr einst veräußertes „Tafelsilber“, müssen sie es meist gegen teures Geld zurückkaufen. So wird es auch bei den vor acht Jahren teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben sein. Statt den Service zu verbessern und die Technik zu modernisieren, haben die privaten Investoren über tausend Stellen abgebaut und die Wasserpreise seit 2003 um 25% angehoben. Und obwohl die Privaten nur 49,9 % der Anteile halten, sackten sie in den letzten sechs Jahren nach Informationen der Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ 73% der Gewinne ein. Gewinne, die die öffentliche Hand gut auch alleine einnehmen könnte und deswegen ernsthaft über einen Rückkauf nachdenkt. Doch für die verloren gegangenen Anteile muss Berlin vermutlich deutlich mehr als die einst gewonnenen 1,6 Milliarden Euro hinblättern. Ein Verlustgeschäft auf der ganzen Linie und ein Beweis für die sträfliche Vernachlässigung der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Doch nicht allein die finanziellen Verluste, sondern vor allem die sozialen Folgen des Privatisierungswahns sind erschreckend. Was passiert, wenn private Krankenhäuser pleite gehen, private Entsorgungsbetriebe den Müll nicht mehr abholen oder in Gefängnissen statt fest besoldeter Vollzugsbeamter schlecht bezahlte und möglicherweise bestechliche Söldner Wache schieben? Dann gute Nacht! Und um dies abzuwenden, müssen am Ende wieder Staat und Steuerzahler haften.
Da ist es doch vernünftiger für das gerade zu stehen, was einem wirklich gehört. Effizient managen statt billig verkaufen, muss die Losung sein. Zum Glück haben einige Kommunen das bereits erkannt, kaufen ihre Müllabfuhr oder Stadtwerke wieder zurück und wollen Stromnetze selbst betreiben, um Profite zu machen und ihren Bürgern Kosten zu ersparen. Die vielbeschworene Deutschland AG ist nämlich ein Profitunternehmen ganz eigener Art. Sie muss ihre materiellen Gewinne in soziale ummünzen. Und das gelingt nur, wenn sie Schutzherr und Schatzmeister der öffentlichen Aufgaben bleibt.