Ohne Steuern ins Paradies

Kolumne Mai 2008

„Die wahren Ölscheichs sitzen in Berlin.“ Ein starker Satz. Besonders in Zeiten, in denen das schwarze Gold immer begehrter und damit immer knapper und teurer wird. Aus dem Munde eines bekannten Oppositionspolitikers verwundert der ebenso provokante wie populistische Spruch allerdings kaum.

Schließlich richtet sich die Verbalattacke gegen die raffgierige Bundesregierung, die den armen deutschen Autofahrer mit der Steuerschraube stranguliert. Um Millionen von Deutschen aus dieser „tödlichen“ Umklammerung zu befreien, fordert der konsequente Freiheitskämpfer die komplette Abschaffung der Kfz-Steuer und die Ökosteuer gleich dazu. 

Natürlich weiß auch die Opposition, dass keine wie auch immer gefärbte Koalition sich solche Steuergeschenke wirklich wird leisten können. Die dringend benötigten Gelder sind auf Jahre hinaus verplant. Ihr Wegfall würde die mühsam gestopften Haushaltslöcher wieder aufreißen. Und dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der vielgescholtenen Ökosteuer in die Rentenkasse fließt, wird im Kampf um die Wählerstimmen gerne verschwiegen. Sollen wir also künftig die jahrelang eingefrorenen Renten kürzen? Mit solch blinden Finanzoperationen können vielleicht kurzfristig die Autofahrer gewonnen werden. Die Mehrheit von morgen aber wird als gewichtige Wählerschicht verloren gehen. Aus dem „Ölscheich“-Vergleich spricht weder politische Vernunft noch fiskalischer Verstand. Aber wie viele populistische Parolen dieser Art kann sich eine seriöse Politik eigentlich noch leisten?

Doch sobald Wahlen anstehen und die Umfragewerte in den Keller gehen, wird dem Volk schnell das Paradies auf Erden versprochen, sprich das Steuerparadies. Wenn’s um Wählerstimmen geht, würden viele Politiker die Steuern am liebsten ganz abschaffen. Manch Sprücheklopfer empfiehlt sich mit Parolen wie „Weniger Staat und weniger Steuern“ bisweilen schon als Wortführer einer neuen anarchistischen Bewegung. Wozu auch noch Lohnsteuer, Einkommensteuer, Mehrwert- oder Hundesteuer? Die vielen Straßen halten sich ja von selbst in Schuss. Und Polizisten braucht der reibungslos fließende Verkehr doch auch nicht. Alle für das öffentliche Wohl Tätigen liegen mit ihren überzogenen Ansprüchen dem Staat ja ohnehin nur auf der Tasche. Nicht so wie einige prominente Staatsbürger, deren Ansehen und Wertschätzung selbst dann keinen langfristigen Schaden nimmt, wenn sie ihre Millionen in sonnige Steueroasen karren und dem Gemeinwesen genau die Steuern vorenthalten, von deren sozialen Segnungen sie im bundesdeutschen Alltag profitieren. 

Da lobe ich mir Unternehmer wie Peter Krämer, der die wahren Reichen vor drei Jahren mit ganzseitigen Anzeigen in der FAZ und der Bild-Zeitung aufgefordert hat, freiwillig mehr Steuern zu zahlen. Leider verhallte der Appell des Hamburger Reeders bislang in den allermeisten Ohren der über 760.000 deutschen Millionäre und auch der Politiker ungehört. Bis heute zählt er zu einer kleinen Minderheit von Wirtschaftsführern, die ihren Reichtum nicht nur für sich haben, sondern zum Wohle der Allgemeinheit teilen wollen. Auch wenn mit höheren Steuern für Reiche allein der deutsche Staatshaushalt nicht ausgeglichen werden kann und deshalb die Einführung einer Vermögenssteuer weiter zur Debatte steht, hat Krämer mit seiner Aktion bereits das richtige Signal gesetzt. Für mehr Solidarität genauso wie für mehr sinnvolles Engagement und weniger hohle Sprüche.

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