Preistreiberei

Kolumne Juni 2008

Tausende Preise aller Art werden jährlich in Deutschland an verdiente Zeitgenossen, Institutionen oder Unternehmen vergeben. Darunter ganz wichtige wie der Deutsche Fußball-Kulturpreis, den Lukas Podolski vor zwei Jahren für den tiefsinnigen und dieser Tage so wahren Spruch „So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere“ abgestaubt hat.

Aber auch der am kommenden Dienstag von Europas größter Tageszeitung selbstlos gestiftete und diesmal an Helmut Schmidt verliehene Bild-OSGAR verdient unsere volle Aufmerksamkeit. Schließlich hält keine Geringere als die Bundeskanzlerin die Laudatio auf sein „publizistisches und politisches Lebenswerk“. Wenn das keine Ehre für den Altbundeskanzler ist. Was dann? Jedenfalls ist es eine Ohrfeige gegen große Teile seiner eigenen Partei. Aber dieses Verhalten hat ja derzeit Konjunktur.

Wem nützt ein solcher Preis? Schmidts Verdienste sind ja nun schon hinreichend gewürdigt worden. Und was bedeutet ein solcher Preis, wenn er bereits an die sexy Schlagersängerin Andrea Berg oder den charmanten Herzblatt-Moderator Kai Pflaume gegangen ist? Ganz einfach. Die mehr oder minder ehrenwerten Preisträger sollen das Image der Preisstifter aufpolieren. So hält es auch die Vattenfall AG. Wenn der Energieriese mit seinen Atommeilern nicht für eine „lebenswerte Umwelt“ und mit seinen Strompreisen nicht für „sozialen Ausgleich“ sorgen kann, dann muss eben der von ihnen gesponserte Quadriga-Preis und deren Empfänger ihrer Firmenphilosophie wieder Glaubwürdigkeit verleihen.

Wenn außer PR auch noch Politik in eigener Sache gemacht werden kann, umso besser. Dann spielt es auch keine Rolle, ob sich Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann den Zukunftspreis 2008 wirklich verdient hat. Wenn die Globalisierung weiterhin wie geschmiert laufen soll und purer Profit statt Gerechtigkeit zählt, dann findet sich gewiss kein besserer Kandidat. Mag er angesichts der globalen Finanzkrise auch noch so oft beteuern, dass „Markt und Moral keine Gegensätze sind“. Die ebenso illustren wie wirtschaftsliberalen Juroren, unter ihnen Franz Beckenbauer, Bodo Hombach, Liz Mohn und Jürgen Rüttgers wussten schon, mit wem man die „beste aller Wirtschaftsordnungen“ am besten promoten kann.  

Die Juroren des Prinz-von-Asturien-Preis waren bei der Wahl ihres jüngsten Favoriten in der Rubrik „Kommunikation und Geisteswissenschaften“ fast genauso treffsicher. Denn dass einer der „spanischen Nobelpreise“ ausgerechnet an Google geht, führt die ganze Preiserei ad absurdum. Sicher: Die Suchmaschine hat Millionen von Menschen den Zugang zu Informationen und Wissen erleichtert. Genauso sicher ist aber auch, dass es dem Datenkraken Google den Zugang zu den Informationen über Millionen von Menschen erleichtert hat. Wahrlich eine „Kulturrevolution“, wie es in der Begründung heißt. Nur eine, auf deren negative Nebenwirkungen wir gut verzichten können. 

Doch trotz dieser wahnwitzigen Preistreiberei kann auf gut dotierte Ehrungen und Auszeichnungen nicht verzichtet werden. Sie dürfen nur nicht von PR-süchtigen Preisstiftern an ebenso PR-süchtige Preisprofis vergeben werden. Sondern müssen die erreichen und unterstützen, deren Leistungen im Schatten der Meistprämierten medial untergehen. Dem Schriftsteller Ingo Schulze sei Dank, dass ein Preisträger seinem Preisstifter einmal diese Botschaft überbracht hat. Leistung muss sich eben wieder lohnen. Nur bitte für die, die es auch verdient haben, geehrt zu werden.

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