Kolumne 13. September 2011
Keine Strafandrohung, keine Kopiersperre, kein digitales Wasserzeichen hilft – es wird piratenhaft geklaut, was das Zeug hält. Die deutschen Musikproduzenten haben in den letzten zehn Jahren die Hälfte ihres Umsatzes eingebüßt. Kinos klagen über Millionenschäden, weil Einnahmen ausbleiben. Viele potentielle Besucher haben längst den illegalen Download und den Beamerabend im kleinen Kreis dem Gemeinschaftserlebnis vor der Kinoleinwand vorgezogen. Laut einer repräsentativen Handelskammer-Erhebung entstand bereits im Jahre 2008 allein in Deutschland durch die illegale Nutzung von Filmen, Software und Musik 1,2 Milliarden Euro Schaden. Raubkopien vernichten Arbeitsplätze, gefährden Erlösmodelle der Produzenten, bringen kleine Firmen um und machen es den großen schwer, neue Aufträge zu vergeben, künstlerisches Risiko zu wagen.
Höchste Zeit, das Urheberrecht an die Realität des digitalen Zeitalters anzupassen. Die Gelegenheit, sich mittels copy and paste geistiger Inhalte aus fremder Feder mühelos zu bemächtigen hat Plagiatoren in großer Zahl geschaffen, denen erst einige spektakuläre Enthüllungen und Karriereknicks eine Ahnung von der Existenz eines Urheberrechts vermitteln konnten. Von wirklichem Unrechtsbewusstsein wollen wir gar nicht erst reden.
Was ist eine Privatkopie für den persönlichen Gebrauch, was ist die rechtswidrige Nutzung fremden Eigentums? Was kann ich gratis konsumieren und wo beginnt der Diebstahl, weil ich die kreative Leistung eines Filmemachers, Musikers, Autors nicht angemessen vergüte? Das sind auch Themen für die Erziehung zum Gebrauch der Medien, die an Schulen gelehrt werden sollten, wenn wir uns in den nächsten Generationen nicht nur an den Massstäben der Piraten orientieren wollen.
Dass es mit der „alles muss für alle frei sein“ – Ideologie irgendwann nichts mehr zu kopieren gibt, weil auch der unbekannteste Komponist eine Wohnungsmiete zahlen und ein Brötchen kaufen muss, sollte inzwischen ins allgemeine Userbewußtsein gedrungen sein.
Der Wert geistigen Eigentums kann nicht dekretiert werden. Es muß Allgemeingut gesellschaftlicher Erfahrung werden, dass es letztlich um den Schutz unseres kulturellen Reichtums geht, wenn wir Raubkopierern das Leben schwerer machen. „Wenn es nicht mehr möglich ist, von kreativer Arbeit leben zu können, kann der Urheber nicht mehr in bisherigem Umfang kulturelle Werke und Werte schaffen“, heißt es in einem Papier des Staatsministers für Kultur und Medien, mit dem er das geistige Eigentum künftig besser schützen will. Es geht darum, die Chancen des digitalen Zeitalters nicht durch dessen Risiken zunichte zu machen.
Zur Durchsetzung der Rechtsansprüche der Urheber wird vorrangig auf das Prinzip Aufklärung statt sofortiger Bestrafung gesetzt. Der Verletzer erhält zunächst einen Warnhinweis, ohne gleich juristische Konsequenzen fürchten zu müssen. Wenn er diesen ignoriert, erst dann droht die kostenträchtige Abmahnung. Das ist sicher sinnvoll, denn es dürfte sich weder im Haushalt der Länder- noch des Bundes Geld für ein effektives Internet-Ornungsamt finden lassen, das digitale Knöllchen verteilt.
Die direkte Ansprache der Nutzer trägt „unmittelbar zur Bewusstseinsbildung über den Wert des geistigen Eigentums bei“. Das ist bürgerfreundlich gedacht aber mir entgeht auch nicht das höhnische Gelächter aus der „Branche“ der kriminellen Raubkopierer, die sich leider nicht so ohne weiteres von ihrem ertragreichen Gewerbe verabschieden werden.