Kolumne August 2015
Die nächste Bundestagswahl findet sicherer Voraussicht nach 2017 statt. Wir befinden uns also erst in der Mitte einer Legislaturperiode. Als vereidigter Sommerlochsachverständiger habe ich jedoch inzwischen den Eindruck, Neuwahlen stünden unmittelbar bevor. Erwartet wird, dass die amtierende Kanzlerin endlich öffentlich verbindlich erklärt, dass sie 2021 noch einmal antritt.
Auch für die Sozis sei es allerhöchste Zeit, ihren ultimativen Kandidaten auf die Bühne zu schicken. Auch wenn der bereits als Verlierer Eingestufte keine Chance hat, so möge er sie doch gefälligst nutzen. Als Spielmaterial tauge er allemal. Fest steht nur: Wahlkampf gegen die Sozialdemokratie findet überall und zu jeder Zeit statt – auch ohne Wahlen.
Neu ist, dass erste Häuptlinge der Sozis aus reinem Übermut oder als Folge des Klimawandels durch wirre Interviews die eigene Truppe ratlos machen. Bisher war es Privileg der Jusos, die Mutterpartei öffentlich zu attackieren, um wenigstens gelegentlich einen Hauch medialer Aufmerksamkeit zu erhaschen. In Zeiten grassierenden Jugendwahns greifen nun auch ältere Semester zu dieser Taktik.
Da schwadroniert ein flirrendes Nordlicht, er empfehle seinem Verein ernsthaft auf eine Gegenkandidatur lieber gleich ganz zu verzichten. Schließlich mache die Amtierende ihre Sache doch „ausgezeichnet“. Wie bitte? Mit wie viel Promille wurde diese Befragung durchgeführt?
Oder stimmt es, dass jedes noch so gut gemeinte Rütteln an den Gitterstäben des Kanzleramtes vom Wahlvolk bestenfalls als Spielverderberei missverstanden wird? Zwar haben viele elternlose Bürger die Alternativlose längst als ihre Mutti adoptiert. Nicht nur denen ist die Vorstellung einer Zeit nach der Raute fremd. Es ist ja richtig, viel zu viele Mitdeutsche haben es sich in der Merkel-Falle gemütlich gemacht, in diesem Wohlfühlkokon mit eingebauter Rundumsorglos-Garantie.
Um das vielstimmige Gelaber zum Verliererstatus der Sozis pseudowissenschaftlich zu untermauern, hat jetzt der STERN viel Geld für eine „Studie“ ausgegeben, die an Hand vielerlei Zahlen deren zu erwartende sichere Niederlage beweisen soll. Damit beauftragt hat sie das einschlägig bekannte FORSA-Institut, das bei all seinen Volksbefragungen die SPD besonders schlecht abschneiden lässt. In der Ankündigung der Befragerei wird „exklusiv“ versprochen „wie die Mitglieder der SPD wirklich denken“. Na toll, dass der famose FORSA-Güllner auch mir einmal erklären will, wie ich „wirklich denke“. Schließlich habe ich in dem Brüder-zur-Sonne-Verein 55 Jahre lang auf diese Beihilfe zur Erleuchtung gewartet. Die Stoßrichtung der ganzen Unternehmung ist klar. Der so ermittelte Looser ist erwartungsgemäß Sigmar Gabriel als Parteiboss, als Minister und überhaupt. Und die strapazierte Basis ertrinke in Frust.
Damit auch der dümmste STERN-Gucker die Botschaft des ganzen Aufwandes inhaliert, heißt es in der Unterüberschrift ultimativ: „Auch Spitzengenossen geben die Wahl 2017 bereits verloren“. Na, wenn dem so ist, wozu dann noch das ganze Theater und das Drängen bei der Suche nach einem SPD-Kandidaten, bei dessen Nominierung vor allem die schreibende Zunft selbstverständlich ein Mitbestimmungsrecht beansprucht.
Mit ihrer Forderung nach einer parteiinternen Direktwahl des Kandidaten haben es die Jusos übrigens wieder in die Öffentlichkeit geschafft – siehe oben. Das letzte Experiment dieser Art war ja auch so ungeheuer erfolgreich. Rudolf Scharping lässt grüßen.