Die Erregungsspirale

Kolumne 11. April 2013

Wann hat man schon einmal das Glück, in einer Veranstaltung gewesen zu sein, über die anschließend derart exzessiv gestritten wird? Ich hatte jetzt die Gelegenheit, so einen Medientsunami von der Quelle her zu begleiten.

Die Rede ist von „Klartext mit Peer Steinbrück“ am Mittwoch, den 3. April, in der mit 600 Leuten überfüllten Kleinen Arena des Berliner Tempodroms. Den um die dreißig Fragestellern stand der Kandidat gute zwei Stunden souverän, humorvoll und kenntnisreich Rede und Antwort. Dem Publikum gefiel diese Form des Gesprächsangebots.

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Tante Emma online

Kolumne 28.03.2013

Einkaufen per Mausklick. Es gibt neue Nachrichten aus dem Onlineshop. Statt A wie Amazon ist jetzt E dran, wir reden von „Emmas Enkel“ und ihrem übermächtigen Förderer Vodafone Deutschland – mit 9,6 Milliarden Euro Umsatz nach eigener Aussage einer der größten und modernsten Telekommunikationsanbieter in Europa. Vodafone hat im vorigen Jahr ein eigenes Institut gegründet, um die maßgeblichen gesellschaftlichen Trends in der mobilen Revolution zu analysieren und das „gesellschaftsverändernde Potenzial mobiler Technologien ganzheitlich zu betrachten“.

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Amazon die Dritte

Kolumne 14. März 2013

Es gibt Geschenke der verschiedensten Art, die man absolut nicht erwartet hat. Auch solche, für die man nicht genügend Vasen hat, aber in wenigen Tagen dahin welken. Wieder andere, die für gefährdete Antialkoholiker gefährlich werden können, schließlich die Gutscheine für Eigenwünsche von den Ratlosen. Es gibt sie aber auch, die Präsente, über die man sich über die Maßen freut. Der 28. Februar war für mich so ein Glückwunschtag der besonderen Art.

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Alles legal 

Kolumne 28. Februar 2013

Doch, es gibt sie noch, Sternstunden im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Es gibt Sendungen, für die der Gebührenzahler gern in die Tasche greift. Zu dieser Kategorie gehört die ARD-Dokumentation über die Machenschaften des US-amerikanischen Netzgiganten AMAZON: zähe Recherche, klare Nennung von Tätern und Opfern, nicht das übliche Verwirrspiel mit dem Ziel, dass am Ende alle und niemand verantwortlich sind.

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Made in Marl

Kolumne 14. Februar 2013

Seit 49 Jahren verdanken wir dem Grimme-Institut des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, dass es uns den Weg zu gutem Fernsehen weist. Es beruft Auswahlgremien, die in seinem Auftrag Sendungen nominieren, „die für die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind“. Wenn nun in diesem Jahr das Dschungelcamp durch einstimmigen Juryentscheid die höchsten Weihen deutschen Qualitätsfernsehens erfahren sollte, wird das nur wenige ernsthaft erschrecken.

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„Wehe den Besiegten“

Kolumne Januar 2013

… erschreckte die ZEIT ihre Leserschaft drei Tage vor dem Urnengang der Niedersachsen, jenem Volksstamm, der sich im überkommenen Liedgut selbst bescheinigt, er sei sturmfest und erdverwachsen. High noon  in der Lüneburger Heide und im Oldenburger Land. Kein Wunder, dass am Wahlabend die TV-Süchtigen über Stunden dem vorläufigen Endergebnis entgegenzitterten. Adrenalin pur aus Hannover. Das kommt nicht alle Tage vor. Immerhin ging es nach der ZEIT „Für Angela Merkel um die Regierungsfähigkeit. Für Philipp Rösler und Peer Steinbrück ums Überleben“.

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Waffenlobby und Klimaleugner

Kolumne 17. Januar 2013

Der Spruch des Vizepräsidenten der größten US Waffenlobbyorganisation, wonach „der einzige Weg, einen schlechten Typen mit einer Kanone zu stoppen, ein guter Typ mit einer Kanone“ sei, hat selbst hartgesottene Vertreter des amerikanischen Freiheitsbegriffes nach dem jüngsten Massenmord für kurze Zeit am Verstand Wayne LaPierres zweifeln lassen. Dabei versteht der Mann sein Handwerk.

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SINGAPORE FREEPORT

Kolumne 27. Dezember 2012

Erst kürzlich hörte ich wieder  in einer Wirtschaftssendung, dass 10 % der Bevölkerung  im Besitz von 70 % des Vermögens sind. Dergleichen habe ich schon oft gehört und gelesen, in Diskussionen als Argument verwandt, wenn es wieder einmal galt, die ungerechte Verteilung der Vermögensverhältnisse zu geißeln. Gern wird dann auch auf das anschauliche Bild von der auseinanderklaffenden Schere zurückgegriffen, wonach Arm und Reich immer mehr auseinanderdriften. Und was folgt aus all diesen Feststellungen? Kaum etwas.

Als ich 1972 mit einem meiner ersten Plakate an die Öffentlichkeit  trat, hagelte es Proteste und Prozesse. Der Slogan „Die Reichen müssen noch reicher werden. Deshalb CDU“ sollte mir verboten werden, obwohl die damalige Vermögensverteilung auf den satirischen Punkt  gebracht  wurde. Zu Zeiten von Rot-Grün wurde mir häufig geraten, die CDU als Absender der frohen Botschaft durch das SPD-Kürzel zu ersetzen. Heute ist die Urfassung wieder aktuell. 

Wer sich jenseits von Armuts- und Reichtumsberichten einen Überblick über den aktuellen Reichtumsstand verschaffen möchte, der lese die mit Kunstmarkt überschriebenen Seiten einschlägiger Drucksachen. So war ein Bericht über die Londoner Abendauktion bei Sotheby’s im Oktober besonders informativ. Berichtet wurde von einem Rekordergebnis  für das teuerste Werk eines lebenden Künstlers. Die Rede war von Gerhard Richters Gemälde „Abstraktes Bild 809-4“, das dem Käufer 34,9 Millionen Dollar wert war. Für den Glamourfaktor sorgte, dass es sich bei dem Vorbesitzer um den Rockmusiker Eric Clapton handelte, der das 1994 entstandene Bild bei Sotheby’s in New York vor elf Jahren für „nur“ 3,4 Millionen Dollar erworben hatte.  Allerdings für ein Tryptichon, aus dem nun ein Teil versteigert wurde. Wie es heißt, habe es zum Schluss der Auktion eine Bieterschlacht zwischen zwei Interessenten gegeben. Die Gebote seien im finalen Wettkampf in 500.000-Pfund-Schritten abgegeben worden. Richter selbst hat diese Preisentwicklung als „obszön“ bezeichnet, ohne diese Rallye stoppen zu können.

Es gibt inzwischen eine Reichtumskaste, die sich längst vom prekären Rest der Gesellschaft abgekoppelt hat und nur noch global zu fassen ist. Dazu passt eine kleine Nachricht von der Wall Street. Danach rechnet die Hälfte der dort Beschäftigten mit einem höheren Bonus als im Vorjahr. Laut Bloomberg waren die Beschäftigten von Hedgefonds besonders optimistisch.

Auch die Vermögenden werden derzeit von Ängsten geplagt. Sehen die einen ihr Heil im Erwerb von Grundeigentum, flüchten andere ins Gold oder in Kunst. Dass es dabei um gut abgehangene Ware geht, versteht sich von selbst. Nicht nur die reichen Griechen versuchen, ihr Geld vor Fiskus und Vaterland in Sicherheit zu bringen.

So machen derzeit russische Oligarchen ungewollt von sich reden, die ihr Schwarzgeld bei zypriotischen  Banken verstecken und damit diese in eine Schieflage gebracht haben, die diese dreist nach den europäischen Rettungsschirmen rufen  lässt. Nachdem die Schweiz als Parkplatz für flüchtendes Kapital zu unwirtlich geworden ist, bietet sich Singapur als Feste Burg an. Das ist die saubere Enklave in der man für das Wegwerfen einer Kippe bestraft werden kann. Nicht jedoch für das Verstecken von gehorteter Schätze im „ultimate safe“ des „Singapore Freeport“, der übrigens von Schweizer Architekten erbaut wurde. 

Was machen die  Prekarianer aller Länder? Sie jagten die letzten Kröten als Chinaböller in die Luft. Prosit Neujahr!  

Öffentlich-Rechtliche verteidigen!

Kolumne 20. Dezember 2012

Ja, ich werde meinen Rundfunkbeitrag klaglos zahlen, der ab Januar für jeden Haushalt – egal, mit welchem Gerät gesehen oder gehört wird, fällig ist. Und weil in meinem Heidelberger Büro, das zugleich als Kommunikationszentrum dient, auch ein Fernseher steht, werde ich wohl künftig draufzahlen müssen. Das mag ungerecht erscheinen, weil der TV-Zuschauer allem technischen Fortschritt zum Trotz in einem Augenblick doch immer nur an einem Ort zappen kann. Doch ich bin und bleibe ein Fossil, das meint, ein Geld verdienender Mensch, der ein Gemeinwesen nutzt, hat dieses auch zu unterhalten.

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