SINGAPORE FREEPORT

Kolumne 27. Dezember 2012

Erst kürzlich hörte ich wieder  in einer Wirtschaftssendung, dass 10 % der Bevölkerung  im Besitz von 70 % des Vermögens sind. Dergleichen habe ich schon oft gehört und gelesen, in Diskussionen als Argument verwandt, wenn es wieder einmal galt, die ungerechte Verteilung der Vermögensverhältnisse zu geißeln. Gern wird dann auch auf das anschauliche Bild von der auseinanderklaffenden Schere zurückgegriffen, wonach Arm und Reich immer mehr auseinanderdriften. Und was folgt aus all diesen Feststellungen? Kaum etwas.

Als ich 1972 mit einem meiner ersten Plakate an die Öffentlichkeit  trat, hagelte es Proteste und Prozesse. Der Slogan „Die Reichen müssen noch reicher werden. Deshalb CDU“ sollte mir verboten werden, obwohl die damalige Vermögensverteilung auf den satirischen Punkt  gebracht  wurde. Zu Zeiten von Rot-Grün wurde mir häufig geraten, die CDU als Absender der frohen Botschaft durch das SPD-Kürzel zu ersetzen. Heute ist die Urfassung wieder aktuell. 

Wer sich jenseits von Armuts- und Reichtumsberichten einen Überblick über den aktuellen Reichtumsstand verschaffen möchte, der lese die mit Kunstmarkt überschriebenen Seiten einschlägiger Drucksachen. So war ein Bericht über die Londoner Abendauktion bei Sotheby’s im Oktober besonders informativ. Berichtet wurde von einem Rekordergebnis  für das teuerste Werk eines lebenden Künstlers. Die Rede war von Gerhard Richters Gemälde „Abstraktes Bild 809-4“, das dem Käufer 34,9 Millionen Dollar wert war. Für den Glamourfaktor sorgte, dass es sich bei dem Vorbesitzer um den Rockmusiker Eric Clapton handelte, der das 1994 entstandene Bild bei Sotheby’s in New York vor elf Jahren für „nur“ 3,4 Millionen Dollar erworben hatte.  Allerdings für ein Tryptichon, aus dem nun ein Teil versteigert wurde. Wie es heißt, habe es zum Schluss der Auktion eine Bieterschlacht zwischen zwei Interessenten gegeben. Die Gebote seien im finalen Wettkampf in 500.000-Pfund-Schritten abgegeben worden. Richter selbst hat diese Preisentwicklung als „obszön“ bezeichnet, ohne diese Rallye stoppen zu können.

Es gibt inzwischen eine Reichtumskaste, die sich längst vom prekären Rest der Gesellschaft abgekoppelt hat und nur noch global zu fassen ist. Dazu passt eine kleine Nachricht von der Wall Street. Danach rechnet die Hälfte der dort Beschäftigten mit einem höheren Bonus als im Vorjahr. Laut Bloomberg waren die Beschäftigten von Hedgefonds besonders optimistisch.

Auch die Vermögenden werden derzeit von Ängsten geplagt. Sehen die einen ihr Heil im Erwerb von Grundeigentum, flüchten andere ins Gold oder in Kunst. Dass es dabei um gut abgehangene Ware geht, versteht sich von selbst. Nicht nur die reichen Griechen versuchen, ihr Geld vor Fiskus und Vaterland in Sicherheit zu bringen.

So machen derzeit russische Oligarchen ungewollt von sich reden, die ihr Schwarzgeld bei zypriotischen  Banken verstecken und damit diese in eine Schieflage gebracht haben, die diese dreist nach den europäischen Rettungsschirmen rufen  lässt. Nachdem die Schweiz als Parkplatz für flüchtendes Kapital zu unwirtlich geworden ist, bietet sich Singapur als Feste Burg an. Das ist die saubere Enklave in der man für das Wegwerfen einer Kippe bestraft werden kann. Nicht jedoch für das Verstecken von gehorteter Schätze im „ultimate safe“ des „Singapore Freeport“, der übrigens von Schweizer Architekten erbaut wurde. 

Was machen die  Prekarianer aller Länder? Sie jagten die letzten Kröten als Chinaböller in die Luft. Prosit Neujahr!  

Das Milliardenspiel

Kolumne April 2012

Obwohl ich eher zum Typ Papierfresser gehöre, verdaue ich doch nicht alles. So übergehe ich – schon mangels Masse in der eigenen Kasse – meist jene Teile der Zeitungen, die mit Finanzen, Finanzmarkt, oder Geld überschrieben sind. Gelegentlich erscheint die Lektüre jedoch zwingend. Denn um sie zu übersehen, war kürzlich die Balkenüberschrift in einer großen konservativen Tageszeitung zu verführerisch-reißerisch: „Milliardensegen für Hedgefonds-Manager“.

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Wetten, dass …

Kolumne Mai 2010

Wetten, dass sie weiter auf den schwächelnden Euro, das absteigende Pfund, auf sinkende Ölpreise oder auf ausfallgefährdete Immobilienkredite spekulieren? Es gibt fast nichts, worauf sie nicht wetten. Auf andere Wetten ebenso wie auf den Bankrott ganzer Staaten. Vermutlich würden Hedgefonds-Manager sogar auf den Konkurs ihrer eigenen Firma setzen, verspräche er satte Gewinne. Fünf Jahre ist es her, dass Franz Müntefering diese Kapital-Jongleure als „Heuschrecken“ bezeichnet hat.

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Vorsicht Heuschrecken!

Kolumne Mai 2008

Was machen die deutschen Manager bloß falsch? Hätten sie sich ein Beispiel am Hedgefonds-Spezialisten John Paulson genommen. Dann müssten sie sich nicht mehr mit läppischen Millionenbeträgen begnügen. Sondern hätten am Jahresende gleich das Hundert- oder Tausendfache auf dem Konto. Auch die Medien würden sie deswegen nicht mehr wochenlang prügeln.

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