Die Abkassierer

Kolumne Dezember 2007

Um es gleich vorweg zu sagen: Es geht mir nicht um den Dauereinwand Sozialneid, sondern um soziale Gerechtigkeit. In diesem Kontext sind jährliche Pensionszahlungen in Höhe von 400.000 Euro für den scheidenden Chef des Stuttgarter Energiegiganten EnBW, Utz Claassen, im Alter von 44 Jahren, ein in jeder Hinsicht gesellschaftspolitischer Skandal.

Der „Frührentner“ darf sich nach Informationen des Handelsblatts bis zum 63. Lebensjahr vermutlich auf sieben Millionen Euro Übergangsgeld und anschließend auf eine ebenso hohe Betriebsrente freuen. Fragt sich nur, ob man in solchen Fällen von einem „verdienten“ Ruhestand reden kann.   

Um dieser unangenehmen Frage ausweichen zu können, haben die Chrysler-Bosse Tom LaSorda und Eric Ridenour auf Abfindungen und Pensionsgarantien großzügig verzichtet. Nach den Worten des Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Bischoff begnügen sich die beiden Topmanager nun mit einem nicht näher bezifferten Millionen-Bonus. Den haben sie sich schließlich auch redlich verdient. Ohne sie wäre der Verkauf an die nach dem Höllenhund der griechischen Mythologie benannten Hedge-Fonds Cerberus wohl nicht so rasch und rentabel über die Bühne gegangen. Ohne sie und andere Spitzenkräfte hätte der deutsch-amerikanische Automobilriese in den letzten Jahren aber vielleicht auch keine Milliardenverluste gemacht. Zum Schaden tausender gutgläubiger Anleger. Aber wen jucken schon Konzerneinbußen oder Kündigungen, wenn das eigene „Arbeitslosengeld“ und „Altersruhegeld“ mehr als komfortabel ausgehandelt worden ist.  

Mit der vielbeschworenen Verantwortung für das Unternehmen und die Belegschaft lassen sich die millionenschweren Managerbezüge kaum rechtfertigen. Ich habe noch gut die Worte von Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann während des Mannesmann-Prozesses im Ohr: „Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden.“ Dass sich das größte deutsche Kreditinstitut dieses Jahr mit insgesamt 2,2 Milliarden Euro verspekuliert hat und in den allerbesten Geschäftsjahren viele Filialen geschlossen und seinen Personalbestand ausgedünnt hat, gehört dann wohl auch zur erfolgreichen Schaffung von Werten. Wenn es den Konzerchefs um Werte wie Gerechtigkeit und Gemeinwohl ginge, würden sie ihren eigenen Marktwert vielleicht etwas niedriger taxieren.           

Im Vergleich zu den Unternehmensgewinnen mögen Managergehälter zwischen einer und 14 Millionen Euro vielleicht nur „Peanuts“ sein. Doch für Arbeitnehmer, die nur einen Bruchteil davon verdienen, sind das eben keine Kleinigkeiten. Dass ihre Einkommen seit 20 Jahren stagnieren und die Vergütung der Vorstandschefs in den Dax-Konzernen im letzten Jahrfünft um knapp 50 Prozent gestiegen ist, ist nicht nur schwer vermittelbar, sondern ein Zeichen für die weit verbreitete Abzockermentalität unter den Wirtschaftsführern. Mit unverbindlichen Tugendkatalogen, wie sie fast alle deutschen Großunternehmen für ihr Führungspersonal formuliert, aber leider nie öffentlich gemacht haben, werden die Konzernlenker ihre maßlosen Ansprüche wohl kaum zurückfahren. Nicht allein Börsen- und Firmengewinne sollte die Größe ihrer Gehaltspakete zukünftig bestimmen, sondern auch das Maß ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Dann brauchten sich auch die „Hartz IV“-Empfänger nicht mehr mit 347 Euro im Monat abfinden.

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