Kolumne Februar 2012
Was man in Deutschland nicht alles studieren kann. So wirbt im Internet die Technische Akademie Hameln unter der Überschrift „Eventmanager IHK in nur zwei Wochen…: Der IHK-zertifizierte Lehrgang zum Eventmanager bietet Ihnen den perfekten Einstieg in das Eventmanagement und gibt vertiefte Kenntnisse für Branchenprofis.“ Manfred Schmidt ist so ein Superprofi, wenn auch ohne irgendein Studium der einschlägigen Art.
Der Mann, den sie den Partykönig nennen, hat es durch Zähigkeit, Beharrlichkeit und Kenntnis der allzu menschlichen Schwächen und Begierden zum Branchenprimus gebracht. Wer auf Schmidts Liste steht gehört dazu, wer nicht eben nicht. Es ist wie mit der BUNTEN. Wer dort nicht vorkommt, kommt auch sonst nicht vor. Basta. Ganz demokratisch.
Auch ich wurde einmal kurzzeitig von Schmidt gelistet. An zwei Begegnungen der anderen Art erinnere ich mich noch gut. Das eine Mal stellte die Firma Dannemann eine neue Zigarrensorte vor. Der Keynotespeaker war seltsamerweise der Daimler-Vorstand in spe Jürgen Hubbert, dessen Firma gerade durch einen nicht bestandenen Elchtest ins Gerede gekommen war. Als passionierter Nichtraucher konnte ich nicht einmal von den üblichen Giveaway-Angeboten Gebrauch machen. Bei der zweiten Begegnung firmierte die Wirtschaftswoche als Gastgeber. Ich sehe noch den „Was-will-der-denn-hier-Blick“ des Chefredakteurs während der Begrüßung. Zum Abschied gab es ein Exemplar der einladenden Zeitschrift. Geld floss nie. Nur ein paar Mineralwasser und Häppchen wechselten den Besitzer. Das alles spielte sich 1997/98 ab. Danach war Stille. Ob der Schwarzen Liste oder meiner Nachlässigkeit geschuldet, lässt sich nicht mehr rekonstruieren.
Das jüngste Zusammentreffen fand 2010 statt. Ein guter Freund, dessen Verlag oder Produktionsfirma Schmidt mit der Ausrichtung seines 80sten betraute, hatte mich offenbar auf seine ganz persönliche Liste gesetzt.
In der zur Lobbykratie mutierten Staatsform ist das System Schmidt nur eine Facette. So wie die Armee der Lobbyisten von Fall zu Fall an der staatlichen Gesetzgebung mitwirkt, hat Schmidt nichts anderes getan, als Entscheider mit anderen Entscheidern in Kontakt zu bringen, ergänzt durch den branchenüblichen Spaßfaktor. Ihm ist nicht vorzuwerfen, dass der eine oder andere Politiker seinen schlingpflanzenartigen Verführungskünsten erlag, die Grenzen der Vorteilsannahme allzu weit auslegte und die politische in die Partyebene transferierte. Der Mann versteht eben sein Handwerk. Dass seine Firma im Schweizer Kanton Zug residiert, nehmen wir doch genauso achselzuckend hin, wie bei all den anderen TV-hofierten Sportlern, Moderatoren und Entertainern. Es reicht schon lange, dass der dumme Rest seine Steuern zahlt, damit der Staat seinen Verpflichtungen nachkommen kann.
Dem gleich von sechs STERN-Redakteuren mit Insiderwissen reichlich gespickten Schmidt-Bericht möchte ich nur in seinem Schlusssatz widersprechen: „Die Party ist aus“. Sie ist deshalb nicht aus, weil das System, das all das jetzt erneut zu Tage Getretene produziert hat, fröhlich weiter existiert. Der Marktführer wird für eine Weile etwas kürzer treten müssen. So funktionieren halt die Märkte. Andere, nicht ganz so vielfältig vernetzte Marktteilnehmer werden in die Bresche springen. Schließlich gibt es als Ausweichstationen noch all die parlamentarischen Abende, Previews, Salons, VIP-Lounges, Gratisgoldkarten und Events mit Shuttle-Services. Denn Berlin ist nicht nur arm, aber sexy, sondern auch Party.