Kolumne vom 27.7.2017
Die Fußballvereine der Bundesliga müssen mehr für die Kosten von Polizeieinsätzen bei Spielen bezahlen.
Der „Hannoverschen Neuen Presse“ (HNP) war jüngst der Alarmruf so wichtig, dass sie den Skandal auf die Titelseite hob: „Das kommt uns teuer zu stehen.“ Es ging wieder einmal um Fußball. Nach einer Anfrage beim niedersächsischen Innenministerium listete die Zeitung auf, dass Einsätze der Polizei bei Spielen des Zweitligisten Hannover 96 den Steuerzahler fast 3,6 Millionen kosteten.
Rund um die Spiele der 96er, Eintracht Braunschweig und VfL Wolfsburg fielen in der abgelaufenen Spielzeit 154 000 Dienststunden an und Kosten in Höhe von 8,3 Millionen Euro. Besonders zu Buche schlagen die Risikospiele, wenn die 96er und Braunschweig aufeinandertreffen. Die HNP rechnete vor, dass die Bürger solch ein Spiel im April 1,3 Millionen kostete.
Angesichts dieser Zahlen wird im August in Hannover ein „Fußball-Gipfel“ stattfinden – ein Vorhaben, mit dem Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei den niedersächsischen Vereinen auf Empörung gestoßen ist, vor allem in den „sozialen“ Netzwerken. Besonders laut hat sich die bundesweit agierende Organisation „Pro Fans“ – ja, so etwas gibt es – zu Krawall gemeldet.
In Wahlkampfzeiten sei die Einladung zum Dialog nur eine „Showveranstaltung“. Man wolle nicht als Steigbügelhalter missbraucht werden. Schon einmal hatte Pistorius versucht, mögliche Ausschreitungen einzudämmen. So bekamen die 96-Anhänger Karten für das Derby in Braunschweig nur, wenn sie am organisierten Bus-Transfer teilnahmen, was die „Fans“ als „Vieh-Transport“ brandmarkten.
Es ist an der Zeit, sich über den inflationär gebrauchten Fan-Begriff Gedanken zu machen. Wieso nennen wir die Krawallbrüder, die vor und in den Stadien den friedlichen Anhängern die Freude am Spiel vergällen, immer noch verharmlosend Fans? Ist am Ende der „Schwarze Block“, der zuletzt in Hamburg sein Unwesen trieb, auch nur ein geselliger Fan-Club?
Verantwortlich bleiben die Vereine der 1. und 2. Liga. Schließlich haben sie sich unter dem Vorwand der Leibesübung zu einem äußerst lukrativen Geschäftsmodell entwickelt. Deutlich wird das, wenn ihre Funktionäre zu den Transferfenstern von ihren „Ver-“ und „Neueinkäufen“ schwärmen, nicht ohne stolz die oft exorbitanten Millionensummen zu erwähnen.
Deshalb ist es nur recht und billig, wenn die Vereine ihre Spiele nicht länger als Geschäftsführung ohne Auftrag zu Lasten Dritter betreiben. Die Auseinandersetzungen über die Kosten der Einsätze schwelen schon länger. So hat der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) versucht, einen Verein in die Pflicht zu nehmen. Ein Streit, der nicht entschieden ist, auch wenn das Verwaltungsgericht am 17. Mai den Gegenklägern aus formalen Gründen zunächst recht gab.
Hannover und Bremen sind keine Ausnahmen, wie der „Fußballsicherheits-Gipfel“ in Baden-Württemberg zeigte. Auch hier ging es nach den Ausschreitungen beim Derby von VfB Stuttgart und Karlsruher SC im April um die Kosten. Die SPD-Landtagsfraktion fordert bei Hochrisiko-Spielen einen Kosten-Rücktransfer zugunsten der Bürger. Als Adressat dieser Forderung empfiehlt sich die Deutsche Fußball-Liga (DFL). Dort liegt die Finanzkraft. Dringend geboten ist die rechtliche Ermächtigung im Landesgebührengesetz.
Alles Wahlkampfgetöse? Mitnichten. Wann, wenn nicht vor Wahlen, soll darüber gestritten werden, wer sich alles zu Lasten der Allgemeinheit bereichert?
Die Kolumne erschien zeitgleich in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau.