Steve Bannon soll Alice Weidel bei Medienoffensive helfen. Kolumne vom 16.5.2018
Alice Weidel, die Frontfrau der AfD, war unzufrieden mit der öffentlichen Beachtung, die ihr Treffen mit Steve Bannon vor zwei Monaten in einer Zürcher Hotelsuite gefunden hatte. Vor einigen Tagen legte sie gegenüber einem Korrespondenten der Neuen Zürcher Zeitung deshalb noch einmal nach, um mitzuteilen, dass Deutschlands angebliche Alternative eine gewaltige Medienoffensive starten will. Während sich einige noch mit der Einrichtung eines „Newsrooms“ beschäftigen, der rund um die Uhr mit Parteipropaganda auf Sendung gehen soll, denkt Weidel schon weiter und träumt nicht nur davon, dass „die Deutschen irgendwann AfD und nicht ARD schauen“. Wer sich im Netz jetzt schon mal auf AfD-TV verirrt, wird mit Recht diese Prognose unter Fake News verbuchen. Aber es wäre leichtfertig, die Ambitionen von Frau Weidel zu unterschätzen.
Denn Bannon, Trumps ehemaliger Chefberater, tief gefallen nach dem Rauswurf aus dem Weißen Haus und der Verbannung aus seinem rassistischen Hetzportal Breitbart News durch die Geldgeber, ist jetzt unterwegs in Europa, auf der Suche nach neuen Bündnispartnern. Er sieht die „populistisch-nationale Bewegung“ in den USA und auf dem alten Kontinent auf dem Vormarsch. Seine Sympathien gelten dem Aufstieg der AfD, dem Brexit und dem Wahlausgang in Italien, der gerade die rechte Lega mit der unberechenbaren Fünf-Sterne-Bewegung zu einem abenteuerlichen Bündnis – mit Berlusconis gnädiger Duldung – vereint hat. Bannon wird wieder auftauchen, haben einige Beobachter befürchtet oder gehofft. Nun hat Roger Köppel mit seiner Weltwoche nachgeholfen, den selbst ernannten „staatszerstörenden Leninisten“ aus der kurzzeitigen Versenkung zu holen und gegen das mühsam zusammengehaltene Europa in Stellung zu bringen. Die neutrale Schweiz – oder, bleiben wir präzise, die Kampfgruppe der Blocher-Partei – fährt ein Geschütz auf, hinter dem sich die Internationale der Nationalisten versammeln soll.
Was hat sich Weidel von ihrem Tete-à-Tete mit Bannon versprochen? „Ich wollte von dem Besten lernen“, bekannte sie der NZZ freimütig. Sie denkt an ein Medienkonzept, das sich an Breitbart orientiert und die AfD zum Auffangbecken einer breiten Bewegung von „intellektuellen Kreisen, die uns ganz klar unterstützen“ macht. Kein Wunder, dass sie die „Erklärung 2018“ sowie die Online-Plattformen „Tichys Einblick“ und „Die Achse des Guten“ für die AfD vereinnahmt. Jetzt wissen wenigstens die Unterzeichner der Erklärung, die zahlreichen Juristen, Mediziner, Psychologen, Historiker und die restliche Akademikerschar, auf welcher Leimspur sie mit ihrer Unterschrift gegen die Flüchtlingspolitik gelandet sind.
Auch andere Funktionäre der AfD, die sich für die neue Medienoffensive stark machen, fahren auf das große Vorbild Bannon ab, nennen sich „politisch engagierte Journalisten“, die eine mediale Gegenmacht aufbauen müssen, weil sie sich in einem Informationskrieg wähnen. Der Gegner, der aus dem „War Room“ heraus bekämpft werden soll, das sind die „Mainstream-Medien“, also der öffentlich-rechtliche Rundfunk, in dem sich die AfD nicht angemessen gewürdigt und vertreten fühlt, die Presse, die den Rechtspopulisten immer noch mit Kritik und Aufklärung statt mit devoter Haltung begegnet.
Die Kolumne erschien zeitgleich in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau (unter dem Titel „Die mediale Schleimspur der AfD“).