Kolumne vom 20.2.2020
Vor zwei Wochen hat sich Boris Johnson würdig gezeigt, in die Riege der Autokratenkollegen Trump, Putin und Erdogan aufgenommen zu werden. Sein Kommunikationschef teilte bei einem Pressebriefing den Journalisten mit, wer bleiben darf und wer besser gehen sollte. Man könne schließlich informieren, wen und wann man will.
Interessant fand ich, dass einige deutsche online-Kommentatoren auf tagesschau.de ihr volles Verständnis äußerten, wenn sich „die Mächtigen gegen nicht-neutrale Medien“ zur Wehr setzen. Als einfacher Bürger könne man das nicht – deshalb Dank und Anerkennung an Trump und Johnson. Das fand zwar entrüstete Gegen-Blogger aber ebenso den Beifall Gleichgesinnter. Wenn man dann noch die Absichtserklärung des neugewählten Premiers aus der Wahlkampfzeit im Ohr hat, er wolle die Finanzierung der BBC überprüfen, dann weiß man um die Gefahr, in der das öffentlich-rechtliche System ums Überleben kämpfen muss.
Noch reden wir vom Nachbarn auf der anderen Seite des Kanals. Aber laut Parteiprogramm der AfD sollte es auch ARD und ZDF, Deutschlandfunk, ARTE und 3sat anden Kragen gehen. Und Teile der CDU/CSU, die sich als „Werteunion“ zusammengefunden haben, starteten mit einer Presseerklärung ins neue Jahr, in der sie die „Halbierung der Rundfunkgebühren“ und einen neuen Rundfunkstaatsvertrag fordern, der dem Gebot „politischer Neutralität“ entspricht. Das ganze wird mit Namensvorschlägen garniert, wer aus dem Programm fliegen und durch wen ersetzt werden soll (ich habe mir nur die Namen Fleischhauer und Broder als Hoffnungsträger der „konservativen Basisbewegung“ gemerkt). „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört in seiner jetzigen Form abgeschafft“, heißt es in dem Papier des inzwischen zurückgetretenen Pressesprechers Ralf Höcker, um jedem Missverständnis vorzubeugen.
Höcker, war das nicht jener Kölner Rechtsanwalt, der bei der so genannten “1. Konferenz der freien Medien” der AfD im Bundestag, einen Vortrag zum Thema “Journalistische Ethik in Zeiten von Fake News – wie man presserechtlich und journalistisch sauber arbeitet” gehalten hat? Also der AfD ein wenig dabei half, etwas professioneller in der Öffentlichkeit zu erscheinen?
Im Papier der Werteunion wird nicht nur die Halbierung der Gebühren und die Abschaffung der 2013 eingeführten Haushaltsabgabe gefordert, sondern auch die Androhung von Strafzahlungen an die Sendeanstalten, falls sie sich dem neuen Rundfunkstaatsvertrag ablehnend gegenüber zeigen sollten. Der soll die Sender „auf paritätische Repräsentation aller in den Parlamenten vertretenen Parteien sowie Abdeckung des gesamten Meinungsspektrums in politischen Nachrichten“ verpflichten.
Von objektiver und kritischer Berichterstattung, von unabhängigem Journalismus als Garant demokratischer Öffentlichkeit, wie wir es von der vierten Gewalt erwarten durften, ist hier keine Rede mehr. Es geht schlicht darum, mehr rechte Propaganda zu verbreiten. Die Warnung ist angekommen.
Die Kolumne erschien am 20.02.2020 in der Frankfurter Rundschau und am 05.03.2020 in der Berliner Zeitung.