Erinnerung an einen wehrhaften Demokraten
Der Verleger, Publizist, Politiker und Freund Freimut Duve ist am 4. März 2020 gestorben. Die Deutschen Sozialdemokraten verlieren einen ihrer großen Intellektuellen, der nicht nur als erfolgreicher Herausgeber der populären Reihe rororo-aktuell in Erinnerung bleiben wird. Für seinen Hamburger Wahlkreis übernahm er achtzehn Jahre lang ein Bundestagsmandat und als kulturpolitischer Sprecher der Fraktion prägte er zu diesen Zeiten nicht unwesentlich das Antlitz der Partei.
Sein Programm als Verleger, brachte mir wesentliche Anregungen für meine lebenslange Beschäftigung mit den großen ökologischen Problemen der Industriegesellschaft. Der Preis des Wachstums einer prosperierenden Wirtschaft in der Bundesrepublik wurde in einer ganzen Reihe der populären Rowohlt-Taschenbücher einer großen Leserschaft vorgerechnet.
Gemeinsam mit Heinrich Böll brachten wir zu dritt im Jahr 1977 die „Briefe zur Verteidigung der Republik“ heraus. Es war die Antwort auf die hysterische Stimmung, mit der seinerzeit von Behörden, Politikern und Medien wie der BILD-Zeitung aufrechte Demokraten im linken Spektrum als „Sympathisanten“ radikaler Gruppen in der Gesellschaft ausgegrenzt werden sollten. Es war uns gelungen, eine exzellente Liste von Autoren für die Veröffentlichung ihrer Texte in unserem Band zu gewinnen, der schon im Jahr des Erscheinens sieben Auflagen erlebte.
Außer uns Herausgebern schrieben Carl Amery, Nicolas Born, Marion Gräfin Dönhoff, Axel Eggebrecht, Iring Fetscher, Helmut Gollwitzer, Jürgen Habermas, Hartmut von Hentig, Dieter Hildebrandt, Walter Jens, Ulrich Klug, Dieter Kühn, Siegfried Lenz, Jürgen Manthey, Alexander und Margarete Mitscherlich, Oskar Negt, Hans Erich Nossack, Fritz Sänger, Richard Schmid, Dorothee Solle, Carola Stern, Ernst Tugendhat und Martin Walser. Günter Grass, Alfred Grosser und Fritz J. Raddatz dokumentierten ihr „Gespräch über eine schwierige Nachbarschaft“.
Freimut Duve übernahm 1998 für mehrere Jahre das Amt des Beauftragten der OSZE für die Freiheit der Medien. Bis zu seiner schweren Krankheit war er unermüdlich in seinem Engagement zur Wahrung der Demokratie.
Klaus Staeck