Das Morden geht weiter

Kolumne September 2016

Glaubwürdigkeit ist nicht nur in der Politik ein hohes Gut. Ist sie doch die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dass sie schon seit einiger Zeit mitunter dramatisch in Frage gestellt wird, ist ein Alarmsignal für jede funktionierende Demokratie. Besonders vor Wahlen heißt es oft: „Die sind doch alle gleich“, wenn es um die Vertreter der zur Wahl stehenden Parteien geht.

Ausgenommen von dem pauschal unterstellten Vertrauensverlust sind die Aktivitäten von Greenpeace und amnesty international. Vor allem die Klopfzeichen von amnesty erinnern uns ständig an die bekannt gewordenen Schrecken in der Welt. Der letzte „Jahresreport 2015/16 zur weltweiten Lage der Menschenrechte“ zählt auf über 500 Seiten minutiös auf, wie es um diese Staaten bestellt ist, von Afghanistan bis Zypern. Dass Länder wie Äthiopien, Eritrea, China, Somalia, Süd-Sudan und Syrien besonders breiten Raum einnehmen, verwundert nicht. Es sind vor allem die Horrormeldungen aus dem immer brutaler umkämpften Syrien, die uns verfolgen. Natürlich besteht die Gefahr der Gewöhnung durch die stetige Wiederholung des grausamen immer Gleichen.

Immerhin hat es dieser Tage ein amnesty-Bericht bis in die Nachrichtensendungen geschafft. Die Rede war von dem Vorwurf der „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ durch die syrische Regierung. In den Gefängnissen des Regimes seien mehr als 17000 Menschen ums Leben gekommen. Überlebende Häftlinge, die den Kerkern entkommen sind, berichten von systematischer Folter. Laut amnesty belegen die Aussagen in „grausamen Details die fürchterliche Misshandlung von Insassen“. Jeder, der in Syrien auch nur unter Verdacht steht, in Opposition zur Regierung zu sein, muss befürchten, gefoltert zu werden. Es sind die massiven Angriffe gegen die Zivilbevölkerung, die besonders schockieren. Nicht nur die Häftlinge schildern die Verhältnisse in syrischen Gefängnissen als „Hölle auf Erden“. Und es sind nicht nur die Vertreter von amnesty, die laut danach rufen, dass die Verantwortlichen für die Gräueltaten zur Verantwortung gezogen werden müssen. Es gelte, den Druck auf die syrische Regierung und ihre Verbündeten zu erhöhen, damit wenigstens die gewaltlosen politischen Gefangenen sofort freigelassen werden. 

Schon im März hatte der SPIEGEL unter der Überschrift „28707 Beweise gegen Assad – aber keine Anklage“ Fotos aus Syriens Folterkerkern veröffentlicht. Grundlage des Berichts waren tausende Bilder des Militärfotografen „Caesar“ von Opfern, die in den Gefängnissen zu Tode gefoltert worden waren, bestialisch, als seien sie der Phantasiewelt eines Hieronymus Bosch entsprungen. Der SPIEGEL sprach von Belegen, dass „Baschar al-Assad einer der grausamsten Massenmörder der Geschichte“ ist. Und er zitiert einen ehemaligen Ankläger des Internationalen Sondertribunals für Ruanda und Sierra Leone: „Ich habe niemals so schlagende Beweise für Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit gesehen“. Doch alle Bemühungen, besonders Frankreichs, den syrischen Diktator zur Verantwortung zu ziehen, sind bisher gescheitert. So legten im Juni 2014 Russland und China ihr Veto ein gegen eine entsprechende UN-Resolution mit dem Ziel, Assad vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen.

Seitdem geht das vielfältige Morden weiter. Im eingeschlossenen Aleppo hungern tausende Bürger, leben ohne Medikamente, werden weiter bombardiert und an der Flucht gehindert. Keine Hoffnung auf Frieden, nirgends.

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