Kolumne 19. August 2009
Seit Monaten das gleiche Spiel, nur wahlkampfbedingt verschärft – die anschwellende mediale Kampagne gegen die ewigen Vaterlandsverräter, diese übrig gebliebenen Sozialdemokraten als die geborenen Verlierer. Als müssten sie mit allen Mitteln daran gehindert werden, bei den anstehenden Wahlen eine Zweidrittelmehrheit zu erringen. Damit sie dann widerspruchslos den ewigen Sozialismus einführen und allen deutschen Arbeitern endlich ihre Villen im Tessin wegnehmen können. Es gab also genug Zeit für die Betroffenen, sich an die üblichen Attacken zu gewöhnen, statt zu wehklagen und über ungerechte Behandlung zu jammern. Die SPD sollte begriffen haben, dass alle ihre Aktivitäten sich nun einmal einer medialen Hämegarantie erfreuen.
Neu ist allenfalls die konzertierte Aktion fast aller Medien, unterstützt von FORSA-Güllner, der immer ein paar Prozente über oder unter dem Plansoll liegt. Dass die Sozis als Prügelknaben eine besonders willige Figur abgeben ist hinlänglich bekannt. Hätten sie drei Backen, würden sie bei der Verteilung von Schlägen freudig erregt nicht nur die sprichwörtliche zweite hinhalten.
Fest steht allerdings auch: sie machen immer wieder große Fehler, erweisen sich als unbelehrbar. So beharren sie gegen jede demokratische Vernunft darauf, bockig wie sie nun einmal sind, ihren Kanzlerkandidaten selber zu bestimmen.
Dabei ist ihnen erst kürzlich eine mediale Lektion erteilt worden, von der sie hätten lernen können. Schließlich wurde ihr gar nicht so erfolgloser Parteichef Kurt Beck, jener „Waldschrat aus der Pfalz“ (Prof. Ulrich Wehler), nach kurzer, aber intensiver Treibjagd über die Bande grandios zur Strecke gebracht. Der Anteil der Willigen aus den eigenen Reihen dabei soll nicht unterschlagen werden. Das kurze mea-culpa-Geraune war pure Heuchelei.
Nach so einschlägiger Erfahrung hätte es nahe gelegen, sich nach einer erfolgreicheren Methode umzusehen und die ganze Prozedur einer wesentlich kompetenteren Kandidaten-Findungskommission aus republikbekannten Medienvertretern zu überlassen. Der Springer-Konzern stellt mehrere Juroren, dem Chef von Bild gebührt der Vorsitz. Die übrigen Medien können sich um den Rest der Plätze balgen – eine saubere Lösung mit eingebauter Erfolgsgarantie.
Ein weiterer Fehler ist der Deutschlandplan. Seitenlang Papier mit politischen Vorschlägen für die ferne Zukunft, Dabei interessiert den Wähler doch nur, ob er von der auslaufenden Abwrackprämie profitieren kann, die er als Steuerzahler selbst mitfinanziert.
Die Unionsschwestern brauchen das alles nicht. Sie haben die Bundesmutti, die wahre Supernanny: Mutti liebt euch alle! Von der CDU lernen heißt siegen lernen, zumal die Schwester Ost im allgemeinen Klassenkampf über mehr als 50 Jahre Erfahrung verfügt.
Für die Medien bleibt noch viel zu tun. Das Publikum will unterhalten werden. Da heißt es nachschieben, nachschieben. Denn auch der größte Tank eines Dienstwagens ist einmal leer. Auch die neue Lichtgestalt von und zu kann noch ab und zu über anwaltliche Fremdbestimmung stolpern.
Etwas altbacken heftete die WamS einen begnadeten Allzweck-Poeten an die Wahlkampf-Fersen des Kandidaten, um erwartungsgemäß zu rapportieren, dass dieser zwar „nett“, aber „öde“ sei. Perspektivisch raffinierter ging der Stern vor. Als „Letzter Held der SPD“ wurde kürzlich Klaus Wowereit gefeiert. Die Botschaft ist klar: solltest du jemals der Kandidat werden, machen wir dich genauso fertig wie erst den Beck und jetzt den Steinmeier.