Kolumne September 2009
Was macht deutsche Banker und Börsianer glücklicher als eine Milliarde Euro Gewinn? Natürlich die nächste. Und wann ließe die sich am leichtesten verdienen? Wenn in knapp zwei Monaten Union und FDP wieder das Ruder übernehmen sollten. Laut „Welt am Sonntag“ wünscht sich die Börse nämlich nichts sehnlicher als eine Neuauflage der christliberalen Koalition, die sie im Geiste der „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ gewähren ließe wie bisher.
Säßen Merkel und Westerwelle im Herbst auf der Regierungsbank, dann würde das „vom Aktienmarkt besonders positiv aufgenommen“, schätzt ein hochrangiger Investmentbanker hoffnungsfroh. Von den steigenden Kursen profitieren dann wieder seinesgleichen, während Staat und Bürger noch tiefer im Schuldensumpf versinken werden.
Das Schicksal der Andern interessiert diese Hasardeure herzlich wenig. Sie spekulieren schon längst wieder auf unsere Kosten. Mit den Steuergeldern und Staatsgarantien im Rücken fahren sie noch größere Gewinne ein als vor der Krise. Der Deutschlandchef einer internationalen Investmentbank bringt es unverblümt auf den Punkt: „Der Steuerzahler finanziert die Coupons für das Casino“. Einige wenige Großbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs oder die Deutsche Bank haben sich denn auch an den Verlusten der staatlich gestützten Verlierbanken sofort gesund gestoßen und sich damit schon die nächsten millionenschweren Boni gesichert.
„Marktbereinigung“ nennen die begünstigten und berechnenden Banker den Absturz ihrer Konkurrenten lapidar. Frank und frei handeln sie wieder mit riskanten Hedgefonds, Swaps und Anleihen, die in den letzten Monaten zahlreiche Geldinstitute und Wirtschaftsunternehmen in den Ruin getrieben haben und weiter treiben werden. Das langfristige, wenig lukrative Kreditgeschäft überlassen sie lieber den ehrlichen und in ihren Augen „dummen“ Banken. Anders wären die Rekordgewinne der „Happy Few“ ja auch nicht zu erklären. Sie haben die Krise als Chance genutzt. Und zwar um sich weiter zu bereichern.
Wer die Krise bislang nicht genutzt hat, sind die allzu zögerlichen Politiker. Mit gutgemeinten, aber wenig wirksamen Moralappellen lässt sich der Sittenverfall auf den Finanzmärkten nicht stoppen. Für die empörten Anklagen und kurzfristigen Zornesausbrüche der Fachminister haben die Börsianer nur ein müdes Lächeln übrig. In den USA laufen die schon wieder frechen Manager erneut Sturm gegen Obamas Regulierungspläne. Auch hierzulande wittern die Turbokapitalisten bereits Morgenluft.
Das Lachen wird ihnen erst vergehen, wenn ihren krummen Geschäften endlich ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben wird. Und zwar mit rigorosen Spielregeln, die ebenso streng kontrolliert werden müssen. Wer gegen sie verstößt, den muss die Strafe so hart treffen, dass er kein neues Spielchen wagt. Bleibt es jedoch bei wütenden Worten und wenig Taten verlieren die Politiker vollends an Glaubwürdigkeit und der Staat weitere Milliarden. Die Regierungen können nur gewinnen, wenn sie im September auf dem G 20-Treffen in Pittsburgh die Gelegenheit nutzen und international wirksame Gesetze vereinbaren, die eine größere Transparenz und mehr Kontrolle der Märkte versprechen. Ansonsten gehen die Banker und Börsianer endgültig als Sieger aus dieser Veranstaltung hervor. Gleiches droht auch wenige Tage später, wenn sich die Hoffnung der Marktradikalen auf eine schwarz-gelbe Mehrheit bestätigen sollte. Diese Hoffnung gilt es zu enttäuschen.