Kolumne Oktober 2014
Würde ich einen Hut tragen, ich würde ihn jederzeit vor ihm in Respekt und Anerkennung ziehen. Gemeint ist der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer. Denn es kommt nicht alle Tage vor, dass sich jemand mit dem allmächtigen Fußball und seiner Funktionärsarmee anlegt.
Der Bremer hat wie viele Bürgermeister und Kämmerer wiederholt vor- und nachgerechnet und endlich ernst gemacht. Er hat im Interesse der Steuerzahler seines Stadtstaates verantwortungsvoll seines Amtes gewaltet und die Verursacher von extrem hohen Kosten, deren Aktivitäten nicht unmittelbar der Daseinsvorsorge dienen, in den Blick genommen. Da ist es vernünftig, die Veranstalter von kommerziell ausgerichteten Fußballspielen anteilig in die Pflicht zu nehmen. Schließlich sind die Ligavereine Wirtschaftsunternehmen, die sich nicht primär der Volksgesundheit durch Körperertüchtigung widmen. Dass die Kosten der Allgemeinheit in die Schuhe geschoben werden, wird mit einer Art Gewohnheitsrecht begründet.
Zyniker könnten in Anbetracht der oft generalstabsmäßig geplanten Krawalle auf die Ideekommen, dass sie zwar nicht geduldet werden können, aber durchaus als Ventile für die in der Gesellschaft wabernde Gewaltbereitschaft akzeptiert werden müssen. Bremen probt nun den partiellen Ausstieg aus diesem Teufelskreis mit der Beteiligung der Clubs an den Kosten. Dass die Bestrafung durch die Liga sofort durch den Entzug eines EM-Qualifikationsspielsund dessen Verlegung nach Nürnberg erfolgte, schien in Anbetracht der angemaßten Macht der Liga programmiert und von den meisten Medien verständnisvoll kommentiert.
Derweil probt NRW mit einem Pilotprojekt eine mildere Variante der Kostenreduzierung mit der Konzentrierung auf Risikospiele, die voraussehbar starke Polizeikräfte binden werden. Doch selbst diesen Versuch empfindet Ligapräsident Rauball als Zumutung für das Milliarden-Unternehmen Bundesliga. In einem BILD-Interview verstieg er sich zu der Ansicht, dass eine Beteiligung an den Polizeikosten „das Prinzip unseres Staates auf den Kopf stellen würde. Es wäre ein Bruch unseres Rechtssystems, für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu zahlen.“ Was kümmert den Präsidenten, dass bei der Polizei in Bund und Ländern allein 1,7 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr dem Fußball gelten, ein Drittel ihrer Arbeitszeit. Reinhard Rauball, das ist übrigens der Mann, der sich als einer der ersten öffentlich dagegen verwahrte, dass die Jusos im letzten Bundestagswahlkampf 200.000 meiner Postkarte, Motiv „Glückwunsch, Uli! Wir steuern das schon“ vor den Fußballstadien verteilten. Die Text/Bild-Collage protokollierte den historischen Händedruck zwischen der Bundeskanzlerin und Uli Hoeneß im Londoner Wembley-Stadion vor einem Millionenpublikum, als Beleg, dass König Fußball längst ein Staat im Staate ist.
Meine erste Kolumne zum Thema erschien vor sieben Jahren nach einer hitzigen öffentlichen Debatte. Passiert ist seitdem fast nichts. Es ist zu befürchten, dass auch diesmal der Streit mit dem Hornberger Schießen endet, aus Feigheit vor dem Ball.