Insel-Ideen

Kolumne Juni 2016

Mit seinen dreißig Jahren gilt der österreichische Außenminister Sebastian Kurz als ein Paradebeispiel der ständigen Forderung: Jugend in die Politik. Vor allem durch die europäische Flüchtlingspolitik ist er zu einer Schlüsselfigur im Abwehrkampf gegen Eindringlinge aus fernen Ländern geworden. Stets gibt es etwas zu verkünden, das es bis in die TV-Nachrichtensendungen schafft. Als ÖVP Mitglied selbst Repräsentant einer von den Medien als Altpartei verspotteten politischen Gruppierung, lässt er alle älteren Politiker regelmäßig noch älter erscheinen.

Alle Vorschläge, die Flüchtlingswelle einzudämmen, sprich: uns allen die Flüchtlinge künftig vom Halse zu halten, haben derzeit Hochkonjunktur, nachdem die sogenannte Balkanroute weit vor unseren eigenen Grenzen gewaltsam dicht gemacht werden konnte. Denn niemand zweifelt daran, dass sich die Zahl der Hilfesuchenden nicht entscheidend verringern wird, solange die Fluchtursachen in den Kriegs- und Krisengebieten anhalten.  Sie werden nur nach anderen, notfalls wieder viel gefährlicheren Wegen suchen, um Krieg und Not zu entrinnen. Dabei hält sie weder die jüngst veröffentlichte Zahl von bisher mehr als zwanzigtausend Ertrunkenen im Mittelmeer ab, noch die verschärfte Jagd auf die Schlepper, die ja nur solange ihrer lukrativen Geschäftsidee nachgehen können, wie ein akuter Bedarf unter den Verzweifelten besteht.

Das alles weiß der österreichische Außenminister als oberster Diplomat seines Landes natürlich auch. Deshalb hat er jetzt neben den bereits bekannten Maßnahmen vorgeschlagen, eine Art Lager in den Herkunfts- und Transitländern einzurichten. Des Weiteren empfiehlt er der bockigen EU, dem rigorosen australischen Modell zu folgen: Abschottung und Abschreckung. Der fünfte Erdteil zeigt sämtlichen Hilfesuchenden die Rote Karte. Wer es dennoch an Land schafft, wird auf kleinen Inseln im Ozean ausgesetzt oder sofort wieder anderweitig außer Landes gebracht. So bekommt auch das arme Kambodscha Millionen dafür, dass es Abgeschobene aufnimmt. Besonders sinnvoll hält der Minister das australische Inselprinzip. 

Wahrscheinlich hat Sebastian Kurz dabei an eine der zahlreichen griechischen Inseln oder an Lampedusa gedacht. Das wäre allerdings weder neu noch originell, denn dort strandeten bisher ohnehin tausende von Flüchtlingen. Es ist aber auch durchaus denkbar, dass er die Inseln in seinem eigenen sicheren Heimatstaat gemeint hat. Doch, doch, die gibt es in beachtlicher Zahl.

Nehmen wir die Kapuzinerinsel, ein kleiner bewaldeter Flecken im schönen Wörther See, der gern von Badegästen in Mietbooten angesteuert wird. In demselben See gibt es noch die Blumen- bzw. Schlangeninsel. Gegen den Lauf der blauen Donau behaupten sich gleich mehrere Inseln. Da ist einmal Wörth, die Schüttinsel Sachsengang, dann der Gänsehäufel, eine bewaldete Sandinsel im 22. Wiener Gemeindebezirk. Nicht zu vergessen sind die Bernaschek-Insel im Inn, die Perner-Insel in der Salzach und die Faakersee-Insel in Kärnten.

Die Debatte um Inseln als Internierungslager erinnert mich an eine seltsame  Auseinandersetzung im Jahre 1962. Als Antwort auf eine Reihe von Kindermorden forderte der damalige Vorsitzende des deutschen Kinderschutzbundes Prof. Dr. Dr. Dr. Friedrich Lejeune in einem Interview mit der Regenbogenpresse mit dem Schlachtruf „Entmannt alle Wüstlinge!:Triebtäter entmannen oder auf eine Insel verbannen“. Es blieb damals bei den eigenwilligen Ideen des Professors.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert