ENTWERTER/ODER und das sogenannte „Zeitschriftenunwesen“

Ausstellung wurde am 7. November im Willy-Brandt-Haus eröffnet und ist bis April 2026 zu sehen

Im März 1982 erschien in Ostberlin mit ENTWERTER/ODER die erste illegal herausgegebene original-grafische Künstlerzeitschrift. Gründer und Initiatoren waren Uwe Warnke und Siegmar Körner. Das Projekt kombinierte Schreibmaschine, Grafik und Fotografie zu handgebundenen Unikaten, die im privaten Umfeld weitergereicht wurden.

Herausgeber Uwe Warnke, Klaus Staeck, SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan und die langjährige Ausstellungskuratorin und künstlerische Leiterin des Freundeskreises Willy-Brandt-Haus, Gisela Kayser bei der Ausstellungseröffnung am 7. November. Foto Manfred Mayer

Als mutiger Akt gegen staatliche Kontrolle und Stimme der subkulturellen Gegenöffentlichkeit war ENTWERTER/ODER ein Pionier innerhalb des ständig von der Stasi observierten „Zeitschriftenunwesens“ und zugleich ein zentrales Forum für künstlerische Selbstbehauptung. Mit dabei waren unter anderem Harald Hauswald, Claus Bach, Kurt Buchwald, Ruth Wolf-Rehfeldt, Peter Wawerzinek und Strawalde. 

ENTWERTER/ODER regte auch in anderen Städten in der späten DDR Herausgeber, Autoren und Künstler zu ähnlichen Projekten an. 

Bis heute sind 102 reguläre Ausgaben und 28 Sonderhefte erschienen. Über 500 nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler waren in dieser Zeit beteiligt. „Alles geschah ohne jegliches kommerzielles Interesse. Wir waren jung und auf Ärger vorbereitet. Wir hatten nichts zu verlieren. Wir taten etwas, ohne zu fragen. Genau das war das Politikum.“ (Uwe Warnke, Herausgeber ENTWERTER/ODER)

„KUNST FUER ALLE“ – ein Beitrag von Klaus Staeck für ENTWERTER/ODER. In der untersten Reihe Auszüge aus Stasi-Protokollen zur Observation der Beteiligten am Projekt.

Draiflessen Collection übernimmt Sammlung von Künstlerbüchern

Die Ibbenbürener Volkszeitung (IVZ) berichtet in ihrer Ausgabe vom 12. Oktober, dass die 2009 auf Initiative der Unternehmerfamilie Brenninkmeijer gegründete Draiflessen Collection eine bedeutende Sammlung von Buchkunstwerken erhalten hat. Sie stammt aus den Beständen der Kunstsammler Ingrid und Manfred Rotert, die zuvor bereits dem LWL Museum für Kunst und Kultur in Münster einen umfangreichen Bestand ihrer Beuys-Multiples übergeben hatten. „Mit dem Kontakt unter anderem zu Klaus Staeck, Walther König und einem wachsenden Netzwerk aus der Kunstszene fanden nach und nach, die meisten nach 2000, auch Künstlerbücher Eingang in die Sammlung – ein Genre, das beide bis heute fasziniert, besonders Ingrid Rotert, die sich stets für Grafik, Design und Typografie begeistert hat“, teilt das Museum in Mettingen/Westfalen mit.

Mit dem Konvolut werde die Sammlung der Draiflessen Collection um einen eigenständigen, künstlerisch wie bibliophil bedeutenden Bereich der Gegenwartskunst bereichert. „Das Sammlerehepaar Ingrid und Manfred Rotert aus Osnabrück hat der Institution 60 hochkarätige Künstlerbücher, Vorzugsausgaben und Mappenwerke der klassischen Gegenwartskunst als Schenkung übergeben. Die Sammlung umfasst herausragende Werke von Künstlern wie Silvia Bächli, Georg Baselitz, Joseph Beuys, Eduardo Chillida, Hanne Darboven, Markus Lüpertz, Gerhard Richter, Thomas Schütte oder Günther Uecker. „

Out of the box – 75 Jahre Archiv der Akademie der Künste

Installation mit Archivkisten aus dem Vorlass von Klaus Staeck für das Archiv. Foto: Manfred Mayer

Für Künstler wie für Sammler von Kunst und Zeitzeugnissen ist es ein großes Glück, dass es solche Archive wie das der Akademie der Künste gibt, und eine Sozietät von 400 Kunstschaffenden, die sich ein Archiv leistet, in Zeiten, da das Geld auch für Kulturausgaben immer knapper wird, verdient allen Respekt.

Und, um von meinem Beitrag für das Archiv zu sprechen, ist es eine gutes Gefühl, meinen Vorlass jetzt in der Nachbarschaft von George Grosz und Heartfield zu wissen – um nur zwei Namen aus der Vielzahl der Künstler zu nennen, die hier versammelt sind.

Fast ein Jahrzehnt durfte ich als gewählter Präsident in dieser Akademie dazu beitragen, dass die von Walter Jens und Heiner Müller gewagte Vereinigung der Ost- und West- Akademie mit einigem Erfolg weitergeführt werden konnte. 

Ich erinnere an die große Leistung von György Konrád, als Präsident einer meiner Vorgänger, der dieser Akademie auch internationale Anerkennung gebracht hat. Konráds Nachlass wird ebenfalls hier in Berlin aufbewahrt und allen Interessenten zugänglich gemacht.

Und ich hoffe, dass auch alle nachfolgenden Präsidenten diesen großen Schatz künstlerischer Hinterlassenschaften würdigen, das Archiv der Akademie fördern und seine Bestände mehren helfen.

(07. Oktober 2025, zur Ausstellung „75 Jahre Archiv der Akademie der Künste“)

Ausstellung in der Akademie der Künste, Pariser Platz 4, 10117 Berlin

8. Oktober 2025 bis 18. Januar 2026, Di-Fr 14-19 Uhr, Sa So 11-19 Uhr

Mehr zur Ausstellung auf den Internetseiten der Akademie.

Archiv-Box aus dem Vorlass von Klaus Staeck. Foto: Roman März

Aus dem Artikel zur Ausstellung in der BZ – Berlin von Martina Hafner, erschienen am 8.10.2025

(…) Die Schau eröffnet mit einem kugelförmig angeordneten „Staeck-System“. Kleine rote Werkzeugkisten aus dem Baumarkt, in denen der legendäre Ex-Präsident der Akademie der Künste Klaus Staeck (87) viele Erinnerungen, Zettel und Fotos verwahrte. Er reiste zur Ausstellungseröffnung aus Heidelberg nach Berlin an, gab zu: „Das Sammeln ist etwas Pathologisches.“

Klaus Staeck in der Ausstellung, fotografiert von Charles Yunck für die BZ. Foto Manfred Mayer

Weitere Beiträge und Interviews findet man im SWR, RBB, nachtktitik.de, FAZ u.a.

„Litfass Goes Urban Art“ mit Staeck-Plakaten

Litfaß-Säule am Berliner Kollwitzplatz. Fotos: Michael Wismar


Zum Tag des Offenen Denkmals am 14. September 2025 wurde von Michael Wismar, Initiator des Projektes LITFASS GOES URBAN ART, eine historische Litfaßsäule am Berliner Kollwitzplatz mit Staeck-Plakaten beklebt. Zufallsgast war Wolfgang Thierse.
In Berlin gibt es ca. 2500 Litfaßsäulen, die für kommerzielle Plakatwerbung genutzt werden. Davon stehen 24 Litfaßsäulen unter Denkmalschutz.

Seit April 2019 setzt sich das Projekt Litfass Goes Urban Art dafür ein, dass alle 24 denkmalgeschützten Litfaßsäulen nicht mehr für kommerzielle Werbung verpachtet, sondern an ein Bündnis aus Berliner Kulturschaffenden und lokalen Kulturinstitutionen übergeben werden. Der in Berlin lebende Künstler und Initiator des Projektes, Michael Wismar, kuratiert seit 2019 auf denkmalgeschützten Litfaßsäulen mit unterschiedlichen Künstlern und Künstlerinnen. Seit 2022 nimmt er jährlich an der Veranstaltung Tag des Offenen Denkmals teil und versucht so auf eine alternative Nutzung der Säulendenkmäler durch eine künstlerische Intervention aufmerksam zu machen. 2021 bekam er vom Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine Litfaßsäule geschenkt, welche er 2022 mit der Unterstützung von der Künstlerin Marina Naprushkina auf dem Bahnhofsvorplatz Gesundbrunnen aufstellte. Seitdem wird die Säule jeden Monat künstlerisch bespielt. (Textquelle: Wikipedia)

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Weitere Informationen

„Mehr und lauter einmischen!“ Staeck im „Blog der Republik“

„Wir müssen lauter werden im Kampf für unsere Demokratie, aufstehen gegen die AfD, gegen Rassenhass, für mehr Gerechtigkeit, die Würde des Menschen gilt auch für Geflüchtete.“ So zitiert Alfons Pieper Klaus Staeck für einen aktuellen Beitrag im „Blog der Republik – Stimmen für Demokratie“ vom 5. September 2025. Hier der Link zum Beitrag.

„Schulgeschichten“ bei ARTE mit Erinnerungen von Klaus Staeck

ARTE Programmvorschau, Schulgeschichten Teil 1

Wiederholung der Sendung vom August 2022 am 21.08.2025, 20.15 Uhr, ARTE

Link zur ARTE-Mediathek (abrufbar bis 18.11.2025)
„Schulgeschichten“ bei ARTE mit Erinnerungen von Klaus Staeck weiterlesen

Christliche Artothek in Braunschweig leiht Staeck-Plakate aus

Radierungen, Bilder mit Ritztechniken und Ölgemälde. Im Theologischen Zentrum Braunschweig können Interessierte Kunstwerke mit christlichen Motiven oder Bedeutungen ausleihen. Nach Angaben des gleichnamigen Verbandes ist es die erste christliche Artothek Deutschlands. Die Bilder unterscheiden sich von der Kunst in klassischen Artotheken, da sie zum einen Bilder aus der Geschichte des Christentums darstellen. Zum anderen greifen sie auf abstrakte Weise Fragestellungen politischer oder gesellschaftlicher Debatten auf.

Link zum Beitrag von NDR-Kultur.

„Politische Grafiken sind Zeugen ihrer Zeit, beispielsweise dieses Kunstwerk von Klaus Staeck“, schreibt NDR-Kultur auf seiner Webseite.

Ausstellung „Out of the Box – 75 Jahre Archiv der Akademie der Künste“

mit Präsentation aus dem Vorlass des Klaus-Staeck-Archivs – Eröffnung am 7. Oktober in Berlin

Bestandteile des Vorlasses „Klaus-Staeck-Archiv“ Foto AdK

»Nichts ist erledigt.« Das Credo des Plakatkünstlers Klaus Staeck prangt auf einer roten Box, die zu den jüngsten Neuzugängen des Archivs der Akademie der Künste gehört. Ihr Inhalt dokumentiert eine Plakat-Ausstellung, in der sich Staeck mit Fragen der Ökologie wie der Klimaerwärmung, Luftverschmutzung oder des Atommülls beschäftigt und die in den 2000er Jahren weltweit durch die Goethe-Institute tourte. Nicht nur dadurch wurde das »Staeck-Plakat« zu einem Markenzeichen für politische Kunst, die sich an ein breites Publikum richtet, gesellschaftliche Missstände satirisch entlarvt und so das Nachdenken über Kunst, Politik und Gesellschaft anregt. Der Neuzugang steht beispielhaft für das Profil des Akademie-Archivs, das heute als bedeutendste interdisziplinäre Sammlung zur Kunst und Kultur der Moderne im deutschen Sprachraum gilt und über 1.300 Archive von Persönlichkeiten aus allen Kunstsparten sowie zahlreiche Bestände von Kunstinstitutionen und -verbänden verwahrt. (…)

Auszug aus dem Beitrag von Archivdirektor Werner Heegewaldt „Ein Archiv für alle Künste“, erschienen in „Politik und Kultur“, Zeitung des Deutschen Kulturrates, Ausgabe 7/8 2025. Über diesen Link der vollständige Text.

Ausstellung Out of the Box – 75 Jahre Archiv der Akademie der Künste, vom 8. Oktober 2025 bis 18. Januar 2026, Akademie der Künste, Pariser Platz 4, Berlin. Öffnungszeiten: Di-Fr 14-19 Uhr, Sa/So/feiertags 11-19 Uhr

2025 feiert das Archiv seinen 75. Geburtstag. Die Ausstellung wirft einen Blick hinter die Kulissen und zeigt, welche Aufgaben, Herausforderungen und Erträge sich mit der Arbeit am Gedächtnis verbinden. 75 Geschichten über ikonische Werke, wie Walter Benjamins Aufsatz »Was ist Aura?«, Bertolt Brechts »Dreigroschenoper«, die Nationalhymne der DDR, Anna Seghers Roman »Das siebte Kreuz«, John Heartfields Collagen oder Käthe Kollwitz’ Mahnmal für den Frieden erzählen von der Aura der Objekte, der Ordnung der Dinge und von der Macht der Archive, den Kanon für die Erinnerungsarbeit künftiger Generationen zu bestimmen. Zugleich zeigen sie, dass es im Zeitalter »alternativer Fakten« immer wichtiger wird, dass ein Archiv die Gewähr für authentische und verlässliche Informationen bietet.

„Sendung aus dem Gegen-Raum“

Plakate und Postkarten von Klaus und Rolf Staeck neben Arbeiten zahlreicher anderer Künstler im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst

Gezeigt werden Mail Art, Plakate und Faltrollos alternativer DDR-Kunstszenen bis zum 24. August 2025 im Dieselkraftwerk Cottbus. Darunter auch Arbeiten von Rolf Staeck und zwei Plakate zu Ausstellungen von Klaus Staeck. Mehr zur Ausstellung über diesen Link.


Rolf Staeck: Bitte freilassen, 1981; Losung 83: Vorwärts, 1982; Losung 78: Die Sorge um den Menschen, 1977; Losung 84: Alles im Griff, 1983; Offsetdruck,
Leihgabe Lutz Wohlrab

Plakat von Manfred Butzmann: „Die Gedanken sind frei – Klaus Staeck Plakate aus der BRD“; Kulturbund der DDR, Galerie Comenius, Dresden 1981. Offsetdruck: Druckerei Graetz, VG Bild-Kunst 2025, Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst. Schenkung Armin Müller

Plakat von Joachim Jansong und Klaus Staeck zur Ausstellung im Cotta-Club Freiberg (1990/1991), Siebdruck, Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst.
Schenkung Joachim Jansong

Oskar Negt über Klaus Staeck (2015):

Der Sozialwissenschaftler und Philosoph Oskar Negt (1934-2024) schrieb 2015 diesen Text für den Ausstellungskatalog der Akademie der Künste „KUNST FÜR ALLE. Multiples, Grafiken, Aktionen aus der Sammlung Staeck“.

(…) Es gibt nicht sehr viele Intellektuelle in Deutschland, die mit einer der Haltung Klaus Staecks vergleichbaren Dauerhaftigkeit den öffentlichen Raum mit Denkanstößen versorgen. Es ist eben nicht das Großformatige des Künstlerdaseins, das ihn auszeichnet; häufig reicht eine Postkarte aus, die Menschen nachdenklich zu machen. Es ist eben die kleine Form, die er bevorzugt.

Mit Klaus Staeck verbindet mich mehr als das, was er an öffentlicher Wirksamkeit entfaltete, die auch für meine politische Orientierung viel bedeutet hat. Als ich ihn 1962, gerade Assistent des Philosophischen Seminars der Universität Heidelberg geworden, damals in dem kleinen Kreis des Heidelberger SDS kennenlernte, deutete absolut nichts darauf hin, dass er seinen 50. Geburtstag im Heidelberger Schloss feiern würde. Eigentlich erschien er mir eher als etwas zurückhaltend im politischen Engagement, kritisch und aufgeschlossen zwar, aber keineswegs auf irgendeine Position festgelegt. Dass Klaus Staeck sich zu einem Menschen entwickeln könnte, der dem Begriff der Orthodoxie eine unerwartete Wendung gibt, verblüfft mich heute noch. Er ist, glaube ich, so etwas, wie ein orthodoxer Sozialdemokrat. Er drückt in seiner Person aus, was in dieser Partei heute unzeitgemäß ist, er kämpft für die Erweiterung des kulturellen Mandats einer Partei, die sich gerade in diesem Bereich äußerst schwertut. Er betätigt sich als Organisator, stellt Verbindungen her, zweifellos übt er Einfluss auf einzelne Personen innerhalb der Linken aus, auch von seiner künstlerischen Tätigkeit, von den EingrifFen und Provokationen, die versteinerten Verhältnisse aufzubrechen und zu verwirren, gehen kreative Impulse aus.

Wie kein anderer hatte er erkannt, dass das kulturelle Selbstverständnis kein luxurierender Zusatz einer Emanzipationsbewegung ist, sondern ihr Bewegungszentrum. Kultur hat dabei immer etwas mit den Sinnen zu tun, ja der erweiterten Urteilsfähigkeit der Sinne. Wenn sie den menschlichen Freiraum erweitern sollen, müssen kulturelle Tätigkeiten den spezifischen Arbeitsprozess der Sinne zum Gegenstand haben. (…)

Hier der gesamte Text aus dem Katalog als pdf-Dokument.

Kolumne vom 30.09.2021 „Ende mit ‚alternativlos'“ über den „unermüdlichen Aufklärer Oskar Negt“