Realitätsflucht

Kolumne 4. August 2010

Vor einem knappen Monat richteten sich noch alle Blicke auf Afrika. Besser gesagt auf Südafrika und die Fußball-WM. Bei aller Begeisterung für das Mega-Event, die perfekte Organisation und die friedliche Atmosphäre blendeten die Medien das tägliche Drama im Norden des Kontinents wieder mal aus. Zehntausende Afrikaner riskieren alljährlich – Tendenz weiter steigend – auf maroden Booten ihr Leben, um ein besseres und sicheres in Europa zu finden.

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Blinde Justiz

Kolumne Juli 2010

Justitia hat nicht ohne Grund die Augen verbunden. Ungeachtet des Ansehens der Person soll sie nach sorgfältiger Abwägung der Sachlage ihr gerechtes Urteil fällen. So das Idealbild der Antike. Doch wird dieses Bild durch die Wirklichkeit oftmals konterkariert. Justitias Jünger in den USA haben eben erst wieder bewiesen, wie blind und einseitig Richter urteilen können. 

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Die Billigfalle

Kolumne Juni 2010

„Qualität kommt von quälen“ wirbt Verona Pooth in ihrem schlichten Feldbusch-Deutsch für KiK. Wenn sie wüsste, wie recht sie damit hat. Eigentlich kann sie doch nicht so naiv sein, wie sie sich im Werbespot gibt. Selbst Verona sollte klar sein, dass ihr Auftraggeber mehr Qualen als Qualität produziert. Dieses Leiden bekommen keineswegs minderwertige Billigprodukte bei der Qualitätsprüfung zu spüren, wie der Spot suggeriert, sondern seine Mitarbeiter in Deutschland und die Näherinnen in der Dritten Welt.

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Nachtrag zum Abgang

Kolumne Juni 2010

Eine Stunde nach Horst Köhlers Rücktritt kamen die ersten Interviewanfragen. Kaum Zeit, um tiefgreifend ein schockierendes Ereignis zu reflektieren. Als ich einen Hauch von Verständnis für diesen Schritt äußerte, ließen mich meine Partner schnell fühlen, dass sie andere Antworten erwartet hatten. Denn die ersten Online- Kommentare hatten ihr vernichtendes Urteil ad hoc bereits gefällt. Da wurde mit einer Gnadenlosigkeit ohnegleichen ein Mann öffentlich vorgeführt, der eben noch die Nr. 1 im Staate war, nun aber als „Weichei“ gleich mehrfach der „Fahnenflucht“ überführt galt.

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Ich habe fertig

Kolumne 25. Mai 2010

Ein brutalstmöglicher Rücktritt ist angekündigt, aber die Erinnerung wird bleiben an den Mann, den es ständig in die Schlagzeilen drängte. Als Roland Koch Ministerpräsident in Hessen werden wollte, wetterte er kräftig gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Mit dem Doppelpass-Thema fuhr er 1999 den Wahlsieg ein. In der Vermögenssteuerdebatte sprach er von einer neuen „Form von Stern an der Brust“, als Verdi-Chef Bsirske forderte, die Namen aller Reichen in Deutschland zu veröffentlichen.

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Das Milliardenspiel

Kolumne Mai 2010

Die Banken sind wieder einmal fein raus und zocken die Regierungen Europas erneut nach Strich und Faden ab. Vor gut zwei Jahren haben sie die Finanzinstitute vor dem Bankrott gerettet und schon spekulieren sie ungeniert auf den Bankrott ihrer Retter. Was des einen Leid, ist des anderen Freud lautet ihr unmoralisches Motto. Sinkt der Kurs des Euro, steigen ihre Gewinne. Und er fällt immer weiter, weil die Devisenhändler nicht daran glauben, dass die Finanzspritze für Griechenland mit 125 Milliarden Euro hoch genug dosiert ist.

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Wetten, dass …

Kolumne Mai 2010

Wetten, dass sie weiter auf den schwächelnden Euro, das absteigende Pfund, auf sinkende Ölpreise oder auf ausfallgefährdete Immobilienkredite spekulieren? Es gibt fast nichts, worauf sie nicht wetten. Auf andere Wetten ebenso wie auf den Bankrott ganzer Staaten. Vermutlich würden Hedgefonds-Manager sogar auf den Konkurs ihrer eigenen Firma setzen, verspräche er satte Gewinne. Fünf Jahre ist es her, dass Franz Müntefering diese Kapital-Jongleure als „Heuschrecken“ bezeichnet hat.

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Sträfliche Neugier 

Kolumne 9. März 2010

Ohne Neugier kein Fortschritt und keine Aufklärung. Ohne Neugier aber auch kein Klatsch und keinen Tratsch. Neugier ist menschlich, aber nicht immer menschenfreundlich. Die Promipostille „Bunte“ beweist das ihren neugierigen Lesern jeden Donnerstag von Neuem. Dabei macht die Illustrierte vor kaum etwas Halt. Außer vor der Seriosität.

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Kultur für alle ?

Kolumne 2. März 2010

Die Bundesrepublik Deutschland definiert sich gerne als Kulturstaat. Aber was heißt das eigentlich, wenn die Etats von Orchestern, Museen und Bibliotheken stetig gekürzt werden? Bislang konnten wir noch stolz sein auf unsere blühenden Kulturlandschaften. „Kultur für alle“ war vor 30 Jahren das proklamierte Ziel. Lange wird es jedoch nicht mehr dauern, bis in immer mehr Kommunen die Lichter ausgehen und eine Kultureinrichtung nach der anderen verschwindet, die meisten ohne Wiederkehr. Denn viele Städte und Gemeinden können sich Kultur kaum noch leisten. Pleite waren sie schon bisher, heute sind sie pleiter denn je. 

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