Kampf gegen das System

Es ist notwendig, sich mit den politischen Krakeelern zu befassen. Politiker wie Berlusconi oder Grillo attackieren mit ihren Schlachtrufen die Demokratie. Nur merkt das keiner. Kolumne vom 15.12.2016.

Als vor drei Jahren der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die italienischen Krawallpolitiker Beppe Grillo und Silvio Berlusconi als Clowns bezeichnete, war das Geschrei groß. Die Erregung war jedoch nichts Besonderes, der Kandidat konnte sagen, was er wollte, es wurde so gut wie immer gegen ihn verwendet. Nun, da der Cavaliere B. in den Untiefen italienischer Politik versunken scheint, macht der andere Clown von sich reden. Jedenfalls wird das mehrheitliche ‚No‘ bei dem von Premier Matteo Renzi eingebrachten Verfassungsreferendum Grillo mit seiner 5-Sterne-Bewegung zugeschrieben.

Vom Clown Grillo redet heute niemand mehr, zumal seinerzeit der ehrenwerte Bernhard Paul vom Circus Roncalli zur Ehrenrettung aller Clowns als ehrenhafte Berufsgruppe eine Art Schlusswort in der Causa gesprochen hatte. Dennoch scheint es notwendiger denn je, sich mit dem populistischen Krakeeler zu befassen. Anlässlich der Europawahl 2014 zitierte ihn diese Zeitung so: „Dieses Europa ist ein Europa, das die Schwachen demütigt, mit Gesetzen voller Blut und Tränen. Ich werde mit den Fäusten auf den Tisch hauen und meine Wut herausschreien.“ Immerhin hatte sein Wutgeheul die Grillisti schon bei den vorausgegangenen Parlamentswahlen zur stärksten Fraktion werden lassen. Auch wenn es zur Alleinregierung noch nicht reichte, Grillo blieb seinem erklärten Ziel treu: „… das System aus den Angeln heben“. Hält er doch pauschal alle Parteien und Politiker – außer der eigenen Gruppe natürlich – für korrupt. Dass all jene, die ständig „das System“ abschaffen wollen, nur die Demokratie meinen können, sei nur am Rande vermerkt.

Der Kampf gegen „das System“ war auch der Schlachtruf der Nationalsozialisten gegen die Weimarer Republik. Die Wähler der „Fünf Sterne“ scheint Grillos autoritärer Führungsstil und seine Feindschaft gegenüber Europa samt Euro nicht zu stören. Schon 2014 outeten sich laut Umfrage 45 Prozent der Wahlberechtigten als Europagegner, rechnet man jene hinzu, die für die rechte „Lega Nord“ votierten.

Es beruhigt wenig, dass es in der Bundesrepublik mit der 5-Sterne-Bewegung vergleichbare Gruppen noch nicht gibt. Die Piraten, die kurzfristig die Öffentlichkeit aufschreckten, sind längst wieder vom Winde verweht. Die Spaßtruppe unter dem Namen „Die Partei“ versucht mit Schabernack von sich reden zu machen, ist aber marginal und dient wohl eher der persönlichen Profilierung ihres Leithammels, der jetzt kühn seine Anwartschaft als Kanzlerkandidat angemeldet hat.

Das muss nicht so bleiben. Schließlich macht mit der AfD eine weit gefährlichere Gruppe von sich reden. Die Gruppierung um Höcke, Gauland, Petry und Storch versucht mit kaum verdecktem Rassismus und Europagegnerschaft unsere gewachsene Demokratie – wieder mit breiter medialer Unterstützung – in Frage zu stellen.

Nicht erst nachdem in Island nun die Piraten mit der Regierungsbildung beauftragt wurden, weil alle anderen Versuche gescheitert waren, sehe ich Kabarettsendungen mit ganz anderen Augen. Was ist zu erwarten, wenn etwa Oliver Welke mit seiner Mannschaft der heute-show oder die Akteure der Anstalt auf die Idee kommen sollten, ebenfalls bei Wahlen anzutreten? Auch Sebastian Pufpaff und Dieter Nuhr wären Kandidaten, wenn wir das italienische Modell übertragen würden.

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