Ein ukrainisches Amt darf keine schwarze Liste veröffentlichen, auf der Demokraten und Demokratinnen stehen. Die Kolumnevom 25.08.2022
Das war ein unerhörter Vorgang: Am 14. Juli veröffentlichte eine ukrainische Regierungsbehörde, die sich dem Kampf gegen Desinformation widmet, auf ihren Internetseiten eine schwarze Liste von 75 „Informationsterroristen“, auf der Rolf Mützenich mit Name und Passbild erschien.
Außer dem Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion fanden sich auch die Autorin Alice Schwarzer sowie die namhaften deutschen Politikwissenschaftler Christian Hacke und Johannes Varwick auf diesem digitalen Fahndungsplakat. Sie alle, so behauptet das Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation beim Nationalen Sicherheitsrat der Ukraine, betrieben das Geschäft der russischen Propaganda und würden deren Lügen verbreiten.
Der ukrainische Schriftsteller und Musiker Serhij Zhadan wurde am 23. Oktober 2022 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Klaus Staeck hatte unmittelbar nach der russischen Annexion der Krim, am 31. März 2014, Serhij Shadan aus Charkiw und den Autor und Übersetzer Jurko Prochasko aus Lwiw zum Akademie-Gespräch „Bericht aus der Ukraine“ nach Berlin eingeladen.
Serhij Zhadans Worte „Der Krieg liegt in der Luft“ bezog sich damals auf die Annexion der Krim und die von Russland gesteuerten militärischen Aktionen der Separatisten im Osten der Ukraine. Die düstere Prophezeihung wurde am 24. Februar 2022 zur brutalen Realität. Zhadan setzte sich damals in der Gesprächsrunde für die Stärkung der ukrainischen Zivilgesellschaft ein, um auf demokratischem Weg die Herrschaft der Oligarchen zu beenden, die bisher die Machtverteilung im Staate bestimmt haben. Heute unterstützt er den Kampf der ukrainischen Armee in Wort und Tat.
»Wir ehren den ukrainischen Schriftsteller und Musiker für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft«, heißt es in der Mitteilung des Stiftungsrats des Friedenspreises. In seinen Romanen, Essays, Gedichten und Songtexten führe Zhadan „in eine Welt, die große Umbrüche erfahren hat und zugleich von der Tradition lebt. Seine Texte erzählen, wie Krieg und Zerstörung in diese Welt einziehen und die Menschen erschüttern. “ Eindringlich und differenziert führe er uns vor Augen, was viele lange nicht sehen wollten. Nachdenklich und zuhörend, in poetischem und radikalem Ton erkunde Serhij Zhadan, „wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein unabhängiges, von Frieden und Freiheit bestimmtes Leben zu führen“.
Das 51. Akademiegespräch, das am 31. März 2014 in der Akademie der Künste am Pariser Platz stattfand, hier als Video dokumentiert.
Schon vor mehreren Jahren warnte der Moskauer Künstler Andrej Jerofejew vor einer radikalisierten Sprache in Russland. Die begegnet uns jetzt täglich. Kolumne vom 10.03.2022.
Der russische Diktator bekämpft seit der Krim-Annexion und der Unterstützung russischer Separatisten im Donbas auch unsere Demokratie und ihre Ausstrahlung auf die russische Bevölkerung. Als Präsident der Akademie der Künste hatte ich am 31. März 2014 zu einem Akademie-Gespräch „Bericht aus der Ukraine“ eingeladen. Schon damals drohte die Ausweitung zu einem Krieg, der über die nationalen Grenzen der Region hinausgeht. Vielleicht haben wir die düsteren Prognosen der ukrainischen Autoren Serhij Zhadan und Jurko Prochasko aus Charkiw und Lwiw/Lemberg damals noch unterschätzt, so wie wir Putin als hemmungslosen Aggressor nicht wahrnehmen wollten. Hier kann man dieses Gespräch, das ZEITZEUGEN TV im Auftrag der Akademie der Künste dokumentiert hat, noch einmal sehen (Link zum Video):